Abschuss von Terror-Jets Bütikofer fordert Jungs Rücktritt

Die Pläne von Verteidigungsminister Jung Passagierflugzeuge im Terror-Fall abzuschießen, gefallen dem Grünen-Vorsitzenden Bütikofer überhaupt nicht. Er sei fassungslos, wie der Minister mit der Verfassung umgehe. Die Jet-Piloten kündigten an, sich dem Befehl widersetzen zu wollen.

Die Grünen haben den Rücktritt von Verteidigungsminister Franz Josef Jung gefordert. Ihr Vorsitzender Reinhard Bütikofer sagte am Montag dem Fernsehsender n-tv zur Ankündigung Jungs, Terror-Jets im Notfall auch ohne gesetzliche Grundlage abzuschießen: "Ich muss gestehen, ich bin fassungslos, wie der Minister mit der Verfassung umgeht."

Das Bundesverfassungsgericht habe klar entschieden, dass das sogenannte Luftsicherheitsgesetz verfassungswidrig sei. Bütikofer fügte hinzu: "Wenn jetzt der Minister einfach so tut, als gehe ihn das nichts an, und wenn er bestimmt, die freiheitlich demokratische Grundordnung sei in Gefahr, dann müsse er sich auch nicht mehr daran halten, dann ist das schlicht bodenlos. Ich finde ein solcher Minister kann keine Verantwortung tragen, der muss weg."

Jetpiloten wollen sich Jung notfalls widersetzen

Der Verband der Jetpiloten in der Bundeswehr hat scharfe Kritik an der Ankündigung von Jung geübt. Eine solche Anweisung käme einer "Aufforderung zur Erfüllung eines rechtswidrigen Befehls gleich", sagte Thomas Wassmann, Vorsitzender des Verbandes der Besatzungen strahlgetriebener Kampfflugzeuge der Bundeswehr, der "Leipziger Volkszeitung". "Ich kann den Piloten nur empfehlen, in einem solchen Fall dem Befehl des Ministers nicht zu folgen." Piloten, die sich so verhielten, könnten "mit der vollen Solidarität des Verbandes" rechnen, betonte Wassmann.

Er empfinde es "als merkwürdig, dass ein Minister nicht in der Lage ist, trotz aller seiner Parteibeziehungen in den zuständigen Gremien eine Entscheidung herbeizuführen, um eine rechtlich saubere Klärung in der Sache zu organisieren". "Stattdessen benutzt man die Piloten als Mittel zum Zweck, indem man sie öffentlich in Bedrängnis bringt, um dadurch die Diskussion voranzutreiben, die man selbst nicht klären kann", kritisierte der Verbandschef. Das sei merkwürdige Form von Politik. Er gehe davon aus, "dass Herr Jung die Piloten ähnlich wie mich völlig überrascht hat mit seiner öffentlichen Festlegung".

Die Debatte habe eigentlich zunächst als beendet gegolten, nachdem das Bundesverfassungsgericht einen klaren Schlussstrich gezogen habe. Dazu habe es auch klare Dienstanweisungen für die Piloten gegeben. Wassmann appellierte an die Piloten, sich nicht zum Spielball machen zu lassen. "Ich kann nur jedem Piloten raten, sich im Zweifelsfall so zu verhalten, dass es nicht zu einer Situation kommt, in der der Minister die politische Verantwortung übernimmt und der Pilot ins Gefängnis wandert."

Bei Fußball-WM schon Absprache mit Luftwaffenführung

Jung hatte am Wochenende angekündigt, er wolle entführte und als fliegende Bombe eingesetzte Passagierflugzeuge notfalls auch ohne Gesetz abschießen lassen. Der Minister hat sich nach eigener Darstellung bereits für den Fall gewappnet, dass Piloten einem solchen Befehl nicht Folge leisten wollen. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft habe er gemeinsam mit der Luftwaffenführung festgelegt, "dass nur diejenigen Piloten fliegen sollten, die auch vor dem Hintergrund dieser schwierigen rechtlichen Frage dazu bereit wären, diesen Befehl auszuführen", sagte Jung dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Ich will niemanden gegen sein Gewissen zwingen, aber ich muss mich im Ernstfall auch auf die Piloten verlassen können. Ich kann in einer solchen Situation nicht lange diskutieren."

AP
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