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Umfrage-Hoch Die AfD im Wahl-O-Mat-Check - warum man der Partei nicht trauen kann

Die AfD besteht aus mehr als stumpfen rechtspopulistischen Parolen, die ihre Politiker auf Kundgebungen in Mikrofone grölen. Verlockend kann sie auch durch die salonfähigen Aspekte im Parteiprogramm werden. Der Test mit dem Wahl-O-Mat.

Auch wenn die AfD in Deutschland viel mehr politisch gemäßigte Gegner als Wähler hat, wird die rechtspopulistische Partei zunehmend zu einem ernsthaften Konkurrenten für die großen Parteien. Selbst für Wähler aus der politischen Mitte könnte sie verlockend werden. Denn die AfD besteht aus mehr als ihren stumpfen rechtspopulistischen Parolen, die ihre Politiker auf Kundgebungen in Mikrofone grölen und die oft kaum noch von Aussagen der NPD-Anhänger zu unterscheiden sind.

Auch die AfD kann sich freilich zweifellos salonfähige Aspekte ins Parteiprogramm schreiben und so eine hohe Übereinstimmung mit den Ansichten politisch mittig oder gar links eingestellter Wahlberechtigter erreichen. Aspekte, die gut und politisch sinnvoll, jedoch auch für (fast) alle anderen Parteien selbstverständlich sind.

Bemerkbar macht sich das etwa im vor jeder Wahl beliebten Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung. Hier wird deutlich, dass die AfD in vielen Aspekten die Ziele der meisten Parteien und Wähler hat. Das kann dazu führen, dass der Wahl-O-Mat dem Nutzer am Ende - trotz gegensätzlicher Ansichten in den Kernthemen der rechtspopulistischen Partei - eine hohe prozentuale Übereinstimmung anzeigt.

Aus eben diesem Grund warnen die Autoren des Wahl-O-Mat in einem umfangreichen Artikel etwa auch vor der rechtsextremen NPD. Sie weisen darauf hin: Selbst Parteien, die sich rechts der Mitte ansiedeln, werden mit ihrem Parteiprogramm als Ganzes vorgestellt und nicht auf ihr rechtspopulistisches oder gar rechtsradikales Weltbild beschränkt. So kann sich die NPD auch gegen Tierversuche aussprechen - und hat damit wahrscheinlich schon etwas mit dem Nutzer gemeinsam.

Wir machen den Test mit dem Wahl-O-Maten

Im Archiv des Wahl-O-Mat sind auch ältere Ausgaben durchspielbar. Da aktuell keine Wahl in Deutschland ansteht und um nicht zu regional zu werden, haben wir den Test mit dem Wahl-O-Mat zur Europawahl 2014 gemacht - zur Bundestagswahl 2013, die länger zurückliegt und bei der die AfD erst wenige Monate jung war. Die AfD hatte sich am 6. Februar 2013 gegründet. Immerhin 52,9 Prozent Übereinstimmung mit den Zielen der AfD erreichen wir in einem Test, in dem wir als Tester möglichst politisch mittig und mit gesundem Menschenverstand antworten. 

Zustande kommt das Ergebnis durch die Stellungnahme der AfD zu Thesen wie diesen:

• "Die Europäische Union soll Projekte gegen Rechtsextremismus fördern" ist eine These, zu der sich die Parteien im Wahl-O-Mat äußern sollten. Die AfD bejaht - wie auch wir im Test. In ihrer Stellungnahme schreibt die Partei gar: "Ja, und mehr als das: Wir fordern eine im Verhältnis zur Bedrohung stehende Förderung zur Bekämpfung jeglichen Extremismus, ob von rechts, links oder aus religiösen Motiven. Zudem soll die von der ehemaligen Ministerin Schröder eingeführte Vorbehaltsklausel, die eine Förderung von Projekten nur unter der Bedingung eines Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ermöglicht, in der gesamten EU zur Anwendung kommen." Damit wendet sich die AfD öffentlich gegen Rechtsextremismus und distanziert sich so zumindest auf dem Papier klar von der rechts neben ihr stehenden NPD. 

• "Edward Snowden soll in einem EU-Mitgliedsstaat Asyl gewährt werden" ist eine weitere These, die die Parteien einordnen sollen. Die AfD sagt: "Ja"! Und begründet: "Wie jeder andere hat er das Recht, in Deutschland oder einem anderen EU-Staat Asyl zu beantragen und Deutschland sollte diesen Antrag wohlwollend prüfen." Keine Antwort, die den Rechtspopulismus der Partei vermuten lässt.

• Beim Punkt Gleichgeschlechtliche Ehen gibt die Partei neutral an - wie sicher viele Wähler, die nicht selbst homosexuell, aber auch nicht homophob sind - und schreibt dazu beinahe modern: "Es wäre wünschenswert, wenn in Deutschland oder anderen EU-Staaten rechtsgültig geschlossene Lebenspartnerschaften in anderen EU-Staaten nicht in Frage gestellt werden dürften." 

• Bei Themen, für die Tausende Europäer auf die Barrikaden gegangen sind, spricht die AfD diesen Menschen aus der Seele, so etwa beim Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, das sie gänzlich ablehnt. 

• Nächste These: "An deutschen Grenzen sollen wieder generelle Ausweiskontrollen eingeführt werden". Hier sind die AfD und auch wir dagegen - eine weitere Übereinstimmung, die durch gesunden Menschenverstand ohne rechtsradikale Gesinnung zustande gekommen ist.

• Auch scheinbar nachrangige Punkte wie der Ausbau des Verkehrsnetzes spielen mit eine Rolle für das Endergebnis, wenn die Testperson und die AfD übereinstimmen: So etwa beim Motto "Schiene vor Straße", das wir im Test abgelehnt haben - und so auch die AfD. 

• Obwohl EU-kritisch sagt die AfD im Wahl-O-Mat "Ja" zum Ausbau der gemeinsamen Außenpolitik der EU: "Eine gemeinsame Außenpolitik ist nur da angezeigt und soll ausgebaut werden, wo alle EU-Mitglieder dasselbe außenpolitische Interesse haben."

• "In der Europäischen Union erworbene Berufsabschlüsse sollen EU-weit anerkannt werden." Auch hier stimmt die AfD dafür. 

• Die europakritische Gesinnung der AfD wird in der Ablehnung der These "Die Europäische Union soll sich langfristig zu einem europäischen Bundesstaat entwickeln" nicht deutlich. Dieses Bestreben wäre wohl auch den meisten politisch mittig eingestellten Testpersonen zu irrig. Also zweimal "Nein" - eine erneute Übereinstimmung mit der AfD. 

Letzten Endes, nach 38 Thesen und Stellungnahmen stehen da mehr als 50 Prozent Übereinstimmung von uns als Nutzer mit der AfD - dank Thesen wie diesen. 

Bei der Europawahl hatten sämtliche 25 Parteien sich zu den Thesen der Bundeszentrale für politische Bildung geäußert. Am 25. Mai 2014 wurde ein neues Europäisches Parlament gewählt. Damals erreichte die AfD sieben Prozent. Inzwischen steht die AfD in Umfragewerten (stern-RTL-Wahltrend) bereits bei zehn Prozent.

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