Bundeskanzlerin Angela Merkel sucht in der Afghanistan-Politik den Schulterschluss mit der SPD. Nach der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar will die Regierung ein neues Mandat für die Bundeswehr vorlegen, das auch von der SPD mitgetragen wird, wie die "Süddeutsche Zeitung" am Samstag berichtete. Merkel habe darüber bereits mit SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gesprochen.
Übereinstimmung mit der SPD in dieser Frage habe oberste Priorität für Merkel. Es dürfe nicht so weit kommen, dass nur die Regierungsfraktionen die Streitkräfte in einen Einsatz schickten, hieß es unter Berufung auf Regierungskreise in der Zeitung.
Ein Regierungssprecher sagte der Nachrichtenagentur DAPD, die Bundesregierung führe regelmäßige Gespräche mit den Bundestagsfraktionen. Es gehe ihr um eine breitmöglichste Zustimmung zur Afghanistan-Politik.
Laut "Süddeutsche Zeitung" hat Merkel mit ihrem früheren Außenminister vereinbart, den Einsatz der Bundeswehr aus parteipolitischem Gezänk herauszuhalten und ein für alle Seiten zustimmungsfähiges Mandat zu erarbeiten. Die Bundesregierung habe zugesagt, eine schlüssige und transparente Strategie vorzulegen. Möglicherweise wird mit dem neuen Mandat auch eine Aufstockung der deutschen Truppen verbunden.
Merkel will am 27. Januar eine Regierungserklärung zu Afghanistan abgeben. Am Tag zuvor will der afghanische Präsident Hamid Karsai in Berlin sein und neben der Bundesregierung auch mit den Fraktionsvorsitzenden und den Obleuten der Fachausschüsse im Bundestag zusammentreffen. Die SPD will in einer Klausursitzung am 22. Januar einen innerfraktionellen Konsens finden. Nach der Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London werde die Bundesregierung ein neues Mandat vorlegen, das bis 26. Februar im Parlament verabschiedet werden könnte, schrieb die "Süddeutsche".
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte am Samstag erneut den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ab dem nächsten Jahr. 2011 fingen die Vereinigten Staaten damit an, ihre Truppen zu reduzieren, sagte Gabriel der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Deshalb müsse auch Deutschland 2011 mit dem Abzug beginnen. Bis dahin müssten bedeutend mehr afghanische Polizisten und Soldaten ausgebildet werden.
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, erklärte, bevor mehr Truppen nach Afghanistan geschickt würden, müsse geklärt werden, was sie dort tun sollten. Statt mehr Soldaten für Patrouillen sollten Ausbilder für afghanische Sicherheitsorgane, Dolmetscher sowie Soldaten für die Nachrichtengewinnung eingesetzt werden, sagte Arnold der "Welt am Sonntag".
Dagegen äußerte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, Vorbehalte gegen weitere Polizei-Ausbilder. Bisher hätten deutsche Polizisten schon 25.000 afghanische Polizeianwärter intensiv ausgebildet, sagte er der "Bild"-Zeitung. Aber die Ausbilder hätten Angst, dass die jungen Polizisten gar nicht erst ihren Dienst anträten, sondern gleich zu den Taliban überliefen. "Die zahlen nämlich das Doppelte", sagte Wendt.

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Von einer "bitteren Bilanz" sprach der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. Denn in weiten Teilen Afghanistans herrschten kriegsähnliche Zustände und viele Maßnahmen seien ohne Erfolg geblieben. "Es sind manche gravierende Fehler gemacht worden", schrieb er in der "Frankfurter Rundschau".