Der Verleger meldet sich zu Wort: Die Finanzierung der Anzeigenkampagne für Christian Wulffs Buch "Besser die Wahrheit" durch den Unternehmer Carsten Maschmeyer ist nach Ansicht von Manfred Bissinger völlig unproblematisch. "Das ist in der Verlagsbranche üblich und ein absolut normaler Vorgang", sagte Bissinger, der im Verlag Hoffmann und Campe den Bereich Corporate Publishing leitet, am Dienstag zu "Spiegel Online". "Wir haben damals verschiedene Unternehmer, unter anderem Carsten Maschmeyer, angesprochen, ob sie sich an der Vermarktung des Buchs beteiligen würden."
Maschmeyer hatte 2008 eine Anzeigen-Kampagne für das Interview-Buch bezahlt, in dem der heutige Bundespräsident sein privates und politisches Leben beschreibt. Ein Sprecher Maschmeyers bestätigte der Nachrichtenagentur DPA am Montagabend einen entsprechenden Bericht der "Bild"-Zeitung. Bissinger sagte weiter, die Finanzierung von Anzeigen durch Privatpersonen sei "kein Geheimnisgeschäft, da gab es nichts zu verbergen". Wulff sei danach auch nicht gefragt worden. "Warum sollte ihn das auch interessieren?"
Der branchenübliche Buchvertrag sei mit Wulffs Interviewer Hugo Müller-Vogg geschlossen worden, sagte Bissinger. Wulff selbst habe kein Honorar erhalten. "Die Frage nach der Anzeigenfinanzierung ist da irrelevant."
42.700 Euro für Zeitungsannoncen
Maschmeyer, Gründer des Finanzdienstleisters AWD, hatte für die Zeitungsanzeigen rund 42.700 Euro aus seinem Privatvermögen ausgegeben. Mit den Annoncen war im Herbst 2007 während des niedersächsischen Landtagswahlkampfs für "Besser die Wahrheit" geworben worden, in dem sich der Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat Wulff umfassend darstellt.
Der "Bild"-Zeitung sagte Maschmeyer, er habe "die Anzeigen privat bezahlt", sie jedoch nicht steuerlich geltend gemacht. Mit Wulff habe er darüber nicht gesprochen. Von Wulffs Anwälten war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Der "Bild"-Zeitung erklärte Rechtsanwalt Gernot Lehr, dem heutigen Bundespräsidenten sei von den Zahlungen Maschmeyers nichts bekannt gewesen.
Das Interview-Buch war dem Bericht zufolge ein wichtiges Instrument im damaligen CDU-Landtagswahlkampf: Die Partei habe seinerzeit einige tausend Exemplare gekauft und sie als Wahlwerbung für den damaligen Ministerpräsidenten verschenkt, berichtet das Blatt. Wulff hatte sich im Sommer 2010 kurz nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt auch in einer Ferienanlage von Maschmeyer auf Mallorca eingemietet.
Ältestenrat befasst sich mit Causa Wulff
Der niedersächsische Landtag befasst sich am Nachmittag mit den Vorwürfen gegen das Staatsoberhaupt. In einer Sondersitzung will der Ältestenrat prüfen, ob Wulff gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen hat, als er 2008 ein 500.000-Euro-Darlehen von der Ehefrau des Unternehmers Egon Geerkens annahm. Zugleich sollen seine Verbindungen auch zu anderen Geschäftsleuten durchleuchtet werden, bei denen Wulff als Regierungschef Urlaub gemacht hatte.
Zentrale Frage ist, ob Wulffs Vorgehen mit dem Gesetz im Einklang steht, das es Politikern untersagt, Geschenke in Bezug auf ihr Amt anzunehmen. Am Sonntag hatte der Bundespräsident eine Liste von Urlauben veröffentlichen lassen. Danach verbrachte er als Regierungschef zwischen 2003 und 2010 insgesamt sechs Urlaube bei Freunden in Spanien, Italien, Florida und auf Norderney.

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Steuerexperte: Urlaube sind Schenkungen
Die Unternehmerin Angela Solaro-Meyer bezeichnete die Urlaube in ihrem Haus auf Norderney als rein privat. Die Inhaberin eines Süßwarenfachgeschäfts auf der Nordseeinsel bestätigte im Sender MDR Info, dass Wulff 2008 und 2009 bei ihr Ferien gemacht hatte. Sie bestritt aber nachdrücklich, dass es dabei um geschäftliche Dinge gegangen sei: "Das ist eine rein private Freundschaft. Ich würde niemals Vorteile davon haben wollen", sagte sie.
Nach Ansicht des Steuerexperten Peter Bilsdorfer sind Wulffs Gratis-Urlaube bei befreundeten Unternehmern als Schenkungen anzusehen. Für Schenkungen müssten über einem Freibetrag von 20.000 Euro Steuern entrichtet werden, sagte der Vize-Präsident des saarländischen Finanzgerichts der "Frankfurter Rundschau". "Es stellt sich die Frage, ob Wulff wegen der Vielzahl der geschenkten Luxusurlaube schenkungssteuerpflichtig war."
Ein Großteil der Deutschen ist einer Umfrage zufolge gegen einen Rücktritt des Bundespräsidenten. Nach dem am Montag erhobenen ARD-Deutschlandtrend plädieren 70 Prozent dafür, dass Wulff weiter im Amt bleiben soll. Allerdings finden es weniger als die Hälfte - 49 Prozent der Befragten - in Ordnung, wenn ein Ministerpräsident von einem befreundeten Unternehmer einen privaten Kredit annimmt.