Bärbel Höhn: c

Man war auf diesen Fall nicht vorbereitet. Die Landrätin sagte, sie habe nur vier Leute und ein Auto und könne deswegen nicht alles schaffen. Eigentlich hätte ein Notfallplan existieren müssen, der vorher geübt wurde. Dann hätte man sofort gemerkt, dass man mehr Personal, mehr Schutzanzüge und ähnliches braucht. Dass es das alles nicht gab, ist ein Versäumnis des Landesministers.

Es hat sechs Tage gebraucht, bevor der "Schnelltest" gezeigt hat, dass die Tiere wirklich infiziert sind. Und das Einsammeln der Schwäne hat auch viel zu lang gedauert. Dadurch konnte sich das Virus schnell weiterverbreiten. Aus zwei infizierten Tieren sind dann plötzlich 81 geworden.

Der Bundesminister muss schleunigst eine Task Force installieren, um die Nofallpläne der Länder zu überprüfen. Und zwar unter zwei Aspekten. Erstens: Sind die Notfallpläne ausreichend? Zweitens: Gibt es Katastrophenschutzübungen, bei denen solche Pläne durchgespielt werden?

Wenn man beim Ausbruch einer Seuche langsam reagiert, muss man hinterher umso drastischere Maßnahmen ergreifen. Das ist das Problem. Man hätte zum Beispiel vorher, wie wir es bei der Geflügelpest in Nordrhein-Westfalen 2003 gemacht haben, in gewissem Maße impfen können. Wir haben damals die Tiere in Zoos geimpft, die Zuchttiere und die Tiere von privaten Haltern. Hinter diesen Standard sollte man nicht zurückfallen. Die EU-Politik "Töten statt impfen" ist sicher falsch.

Ich habe mich sehr lange mit dieser Impfproblematik auseinander gesetzt - und dieser Vorwurf ist falsch. Man kann auch bei geimpften Tieren infizierte von nicht infizierten unterscheiden und den Verlauf der Seuche beobachten. Die EU hat ein wirtschaftliches Interesse, nicht zu impfen …

… und das ist für mich kein ausreichendes Argument, zumal Deutschland überhaupt keine Exportnation von Geflügelfleisch ist. Und wenn sogar Exportnationen wie Frankreich und die Niederlande Impfungen erwägen, dann gibt es für mich gar keinen Grund, das hier nicht zu tun.

Ich will das nicht kritisieren. Aber man hätte den Einsatz auch vermeiden können, wenn man vorher professioneller gehandelt hätte.

Die Länder haben sich darauf geeinigt, diese Medikamente für mindestens fünf Prozent ihrer Bevölkerung zur Verfügung stellen - die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert 20 Prozent. Aber die realen Vorsorgewerte sind sehr unterschiedlich. In Nordrhein-Westfalen haben wir Medikamente für 30 Prozent der Bevölkerung eingelagert, in Sachsen Anhalt sind nur sechs Prozent abgedeckt. Ich finde diese Unterschiede ein Unding, es kann nicht sein, dass die Bevölkerung im Krisenfall von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geschützt ist. Das kann man so auch nicht stehen lassen.

Sicher wird das finanzielle Argument in einigen Fällen ausschlaggebend gewesen sein.

Da müssen sie eigentlich die Gesundheitsministerin fragen. Aber mir macht die Situation ein wenig Angst. Wir sind jetzt auf der untersten Stufe: Wildvögel sind infiziert. Die zweite Stufe ist, dass Nutztiere infiziert werden und in der dritten Stufe springt das Virus - wenn es mutiert - von Mensch zu Mensch. Wir können die Frage, welche Auswirkungen eine solche Seuche hat, aber nicht davon abhängig machen, ob ein Landkreis gut oder schlecht arbeitet. Das ist eine Situation, in der bei mir die Alarmglocken läuten.

Seehofer hat ja seine Vorgängerin Renate Künast heftig dafür kritisiert, dass sie die Bund-Länder-Koordination angeblich nicht hinbekommen hätte. Er hat gesagt, er würde alles viel besser machen. Daran wird er sich jetzt messen lassen müssen. Mein Vorschlag ist, die besagte Task-Force einzurichten, um die Notfallpläne zu checken. Eine Möglichkeit wäre, so etwas wie eine Auftragsverwaltung zu installieren. Man könnte sagen, dass die Länder, wenn eine Tierseuche auftritt, im Auftrage des Bundes handeln. Dann könnte Seehofer auch Weisungen geben. So musste er sich auf Rügen hinstellen und sagen, dass er Gast ist und die Landrätin bitten, seine Hilfe anzunehmen - eine unmögliche Situation.

Es muss einfach jeder wissen, was er zu tun hat. Und man muss auch auf Zack sein. Als die 2003 die Geflügelpest in Viersen ausbrach, war ich auf einem Paul McCartney-Konzert und wurde drei Mal rausgerufen. So ist das eben: Man muss dann auch bis nachts um 24 Uhr präsent sein und sofort entscheiden.

Wie sich so ein Virus entwickelt, das ist schwer zu sagen. Der entscheidende Punkt ist, dass massive Fehler gemacht worden sind und sich das Virus weiter ausbreiten konnte. Die Situation ist deswegen gefährlicher geworden.

Ja, gibt es.

(lacht) Ich bin Vegetarierin. Als Landesministerin habe ich zwar auch Fleisch gegessen, auch von Berufs wegen, das kann man nicht anders machen. Aber zuhause essen wir seit 25 Jahren kein Fleisch.