Bundestagswahl Kämpfen, kämpfen, kämpfen

Mit scharfen Angriffen auf den politischen Gegner haben Spitzenpolitiker der Parteien noch wenige Stunden vor der Öffnung der Wahllokale versucht, die Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Letzte Meinungsumfragen sagen einen Wahlkrimi voraus.

Wahlkampf bis zur letzten Minute: Einen Tag vor der Bundestagswahl haben die Spitzenkandidaten der Parteien am Samstag noch einmal versucht, ihre Anhänger zu mobilisieren. Bundeskanzler Gerhard Schröder appellierte in Recklinghausen eindringlich an die SPD-Anhänger, noch Unentschlossene für die Sozialdemokraten zu gewinnen. Am späten Nachmittag traf der Kanzler zu einem letzten Auftritt in Frankfurt am Main ein. Dort war auch seine Unionsherausforderin Angela Merkel, die die Automesse IAA besuchte.

Wegen des erwarteten knappen Rennens hatten die Parteien den Wahlkampf nicht wie üblich am Freitagabend beendet. Umfragen kurz vor der Wahl ergaben keine gesicherte Mehrheit für das von der Union gewünschte Regierungsbündnis mit der FDP. Für Unsicherheit sorgt nach Ansicht der Meinungsforscher, dass noch etwa zehn Millionen von rund 62 Millionen Wahlberechtigten nicht wussten, ob und wen sie wählen sollten.

Schröder kämpft um die Unentschlossenen

Bei seinem vorletzten Wahlkampfauftritt in der SPD-Hochburg Recklinghausen griff Schröder erneut den Unions-Steuerexperten Paul Kirchhof an. Schröder verurteilte den Plan von Angela Merkels Kandidaten für das Finanzministerium, einen einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent einzuführen: "Es zahlen die ganz normalen Leute diesen Steuersatz für Multimillionäre. Das können wir nicht zulassen." Schröder, dessen Stimme merklich angeschlagen war, sprach deutlich kürzer als auf vorangegangenen Veranstaltungen. In gut zwanzig Minuten machte er einen Rundumschlag durch alle Wahlkampfthemen. Er verteidigte seine Reformen, insbesondere den Umbau der Sozialsysteme.

Am Nachmittag wurde Schröder zu seinem letzten Wahlkampfauftritt in Frankfurt am Main erwartet. Auch Müntefering appellierte an die SPD-Anhänger, andere zu mobilisieren: "Kümmert euch nicht um die, die FDP wählen. Lasst die laufen, das sind eh’ so wenige. Kümmert euch um die, die wenn sie hingehen, SPD wählen", erklärte der Parteichef.

Inhalte gefragt wie nie

Ziel des SPD-Wahlkampfes sei, die eigenen Reihen zu mobilisieren, bis zum Schluss Unentschlossene zu überzeugen, sagte der Wahlkampfleiter der Partei, Kajo Wasserhövel. Es sei erstaunlich, wie sehr nach Inhalten gefragt werde, fügte er hinzu. Als Indiz dafür nannte er die Nachfrage für das SPD-Parteiprogramm. Es sei in einer Millionenauflage gedruckt worden, bei früheren Wahlkämpfen seien es lediglich Hunderttausende gewesen.

Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel warf der SPD erneut vor, die Wähler mit Angstparolen und Verleumdungen zu verunsichern. Merkel sagte vor rund 5000 Zuhörern in Bonn, sie trete an, die soziale Marktwirtschaft zu erhalten. Einer großen Koalition mit der SPD erteilte sie einen Tag vor der Wahl erneut eine klare Absage. Vor ihrem Auftritt war Merkel in einem Bonner Café-Haus noch einmal mit dem FDP-Spitzenkandidaten Guido Westerwelle zusammengetroffen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Auch kleine Parteien kämpfen bis zuletzt

Auch Grünen-Spitzenkandidat Joschka Fischer und Linkspartei- Vormann Gregor Gysi warben bis zuletzt um Stimmen. Westerwelle wollte seine Wahlkampfrede in Köln erst kurz nach Mitternacht und damit erst am Wahltag beenden. In Dortmund warnte er vor mehreren hundert Zuhörern vor einer rot-grünen Minderheitsregierung. Fischer warnte in Hamburg vor einer großen Koalition. "Was wird da am Ende noch übrig bleiben?" fragte er vor vor rund 1500 Zuhörern.

62 Millionen Menschen zum Urnengang aufgerufen

In Deutschland sind am Sonntag rund 62 Millionen Menschen aufgerufen, vorzeitig einen neuen Bundestag zu wählen. Um die 598 Sitze bewerben sich 3648 Kandidaten. Auf den Landeslisten stehen 25 Parteien zur Wahl. Die Wahllokale öffnen um 8.00 Uhr und schließen um 18.00 Uhr.

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DPA, AP