Kaum ist die Entscheidung in Berlin verkündet, tritt Fritz Kramer, der CDU-Kreisvorsitzende von Fulda, mit ernstem Gesicht vor die Journalisten. "Der Unmut ist mit den Händen zu greifen", sagt er am Freitagmittag in der hessischen Stadt. "Die Stimmung ist entrüstet bis entsetzt." Nach dem Ausschluss des Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann aus der Berliner Fraktion steht die Partei in seiner Heimat, der CDU-Hochburg Osthessen, vor einem Scherbenhaufen. Von vielen Mitgliedern und Wählern in der Region erhält Hohmann weiterhin Beifall. Sein Rauswurf löst Wut und Enttäuschung aus.
Klammheimliche CDU-Unterstützung für Hohmann
Offen möchte kaum ein CDU-Mitglied seinen Rückhalt für Hohmann aussprechen, aber die Vorsitzende eines Fuldaer Ortsverbandes verrät: "Sie brauchen nur an die Stammtische zu gehen. Das spiegelt die Meinung wider." Die "Fuldaer Zeitung" erreicht täglich eine Flut von Leserbriefen. Der Tenor ist eindeutig: Hohmann habe nur gesagt, was viele denken, aber nicht auszusprechen wagen. "Man kann Herrn Hohmann nur gratulieren für so viel Mut", schrieb ein Leser.
Stimmenverluste berfürchtet
Wahlergebnisse von 60 oder 70 Prozent für die Union sind in der Region keine Seltenheit. Doch nun befürchtet die osthessische CDU- Spitze, dass die Affäre die Partei bei den nächsten Wahlen Stimmen kosten könnte. Kramer rechnet mit Austritten. Viele seiner Parteifreunde sähen in Hohmann einen warmherzigen Menschen, der sich für die Wähler einsetzt, heißt es aus der Union. Sie könnten nicht verstehen, dass der 55-Jährige allein auf die "inakzeptable Rede" vom 3. Oktober reduziert werde und er keine zweite Chance erhalte, sagt Kramer.
Ob schon jemand sein Parteibuch zurückgegeben hat, darf der Fuldaer Kreisverband nicht verraten. Das habe die hessische Landespartei angewiesen, sagt eine Mitarbeiterin der Kreisgeschäftsstelle. "Wir kriegen aber eine Menge Zuschriften und Anrufe." Bislang gebe es in Hessen nur vereinzelt Austritte, versichert der CDU-Landesgeneralsekretär Michael Boddenberg.
Roland Koch schweigt sich aus
Viel mehr will die Hessen-Union am Freitag zum Rauswurf Hohmanns aus der Fraktion nicht sagen. Der Ministerpräsident und Landesvorsitzende Roland Koch lehnt jeden Kommentar ab. Es sei nicht die Aufgabe des Landesverbandes, die Entscheidung der Bundestagsfraktion zu kommentieren, sagt ein Parteisprecher. Noch in diesem Monat will die hessische CDU das Parteiausschlussverfahren gegen Hohmann einleiten.