CDU-Parteitag Ramsauer rockt nicht

Er ist kein großer Redner, gleichwohl wurde von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer ein wirtschaftspolitischer Paukenschlag erwartet. Zu vernehmen war weder Pauke noch Schlag. Offenbar spekuliert auch die CSU darauf, dass sich Merkel nach dem Parteitag schon fügen werde.

"Ich geh dann mal nach vorne, weil sonst ..." "Ja, stimmt. Einer muss klatschen." "Ist Friedrich Merz nicht mehr da?" Gelächter. So verlief ein kurzer, nicht ganz ernst gemeinter Wortwechsel mit CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg. Minuten später sollte sein Parteigenosse Peter Ramsauer auftreten. Zu erwarten war die Rede mit dem höchsten Krawallfaktor auf dem CDU-Parteitag in Stuttgart.

Sowohl Guttenberg als auch Parteichef Horst Seehofer, der sich wegen des Finanzdesasters der bayerischen Landesbank entschuldigen ließ, hatten in Interviews die Linie für Ramsauers Rede vorgegeben. "Ich halte die Festlegung, auf rasche Steuersenkungen zu verzichten, schlicht und einfach für falsch", hatte Seehofer in der "Welt" gegrollt. Eine Steuersenkung sei überfällig, sie müsse noch vor der Bundestagswahl vollzogen werden. Das hatte Kanzlerin Angela Merkel vor dem Parteitag grundsätzlich abgelehnt. In Stuttgart korrigierte sie sich dahingehend, dass sie sich "alle Optionen offen halten" wolle, auf die Wirtschaftskrise zu reagieren. Merkels Haltung hatte in der CSU für erheblichen Unmut gesorgt. Nach wie vor ist in Bayern die Erklärung populär, dass Merkel eine Mitschuld am Wahldebakel der CSU trage, weil sie Forderungen der CSU nach Steuersenkungen im Spätsommer ins Leere laufen ließ.

Moderate Rede statt klarer Kante

Ramsauer also. Wie immer braungebrannt und mit einem leicht spöttischen Lächeln im Gesicht trat der stellvertretende CSU-Vorsitzende und Landesgruppenchef an das Pult. Aber statt klare Kante im Sinne Seehofers zu ziehen, hielt Ramsauer eine moderate Rede mit vielen Honneurs und Knicksen vor Angela Merkel. Artig gratulierte er der CDU-Chefin zu ihrer Wiederwahl; Ramsauer gratulierte sogar zur Annahme des Leitantrags. Das Papier wird von vielen Delegierten als wenig sinnstiftend empfunden, Ramsauer jedoch lobte es als gute Basis für den Wahlkampf 2009.

Zum Kernthema Wirtschaftspolitik sagte Ramsauer, was von einem CSU-Funktionär mindestens zu erwarten war: Man müsse den Menschen mehr "Brutto vom Netto" lassen, die kalte Progression in der Einkommenssteuer müsse abgebaut werden. Er sei froh, dass dieses Ziel auch im Leitantrag formuliert sei. "Unsere beiden Parteien ziehen hier an einem Strang", sagte Ramsauer. "Wir müssen uns vornehmen, daraus ganz konkrete Politik zu schmieden." Steuerschecks, wie sie zum Beispiel SPD-Chef Franz Müntefering ins Spiel gebracht hatte, lehnte Ramsauer ab. Diese "Konsumgutscheine" seien eine Art staatlicher Bevormundung. Steuerschecks sind einmalige Steuerrückzahlungen, wie sie zum Beispiel in den USA an Geringverdiener ausgegeben wurden, um den Konsum anzukurbeln und damit die Konjunktur zu stützen.

Erbschaftssteuer zurück auf die Agenda

Ramsauer ging auch auf die Erbschaftssteuerreform ein, die von der CSU lange mit Sonderwünschen blockiert worden war. Komme es nach der Bundestagswahl 2009 zu einer bürgerlichen Koalition, werde die CSU das Thema Erbschaftssteuer "unverzüglich" wieder auf die Agenda setzen. Man müsse den Menschen das Eigentum belassen, das sie sich aus bereits versteuerten Einkommen geschaffen hätten. "Wir wollen den freien Menschen", sagte Ramsauer. "Dazu gehört Eigentum, und dazu gehört auch das Erben."

Die Delegierten nahmen Ramsauers Rede mit mäßiger Begeisterung auf. Erst als er zum Schluss noch mal Angela Merkel hoch leben ließ - sie sei eine hervorragende Kanzlerin und werde es auch nach der Bundestagswahl 2009 sein - brandete nennenswerter Applaus auf.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Merkel macht Friedensangebot

Verwunderung blieb darüber, dass Ramsauer die CSU nicht schärfer von der CDU abgegrenzt und eigenständige Forderungen erhoben hatte. Offenbar spekuliert die bayerische Schwesterpartei auf den Koalitionsausschuss am 5. Januar, in dem Merkel neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise verabreden will. Sollte die Kanzlerin dann Steuersenkungen befürworten, wäre der CSU Genüge getan. Eine Art Friedensangebot hat Merkel schon vor dem Parteitag gemacht: Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der sich lauthals darüber beschwert hatte, von der Kanzlerin in der Wirtschaftskrise ausgegrenzt worden zu sein, erhielt erstmals eine Einladung, am Koalitionsausschuss teilzunehmen. Und natürlich weiß Merkel auch, dass sich Glos neuerdings von ihrem härtesten Widersacher beraten lässt - dem CDU-Finanzexperten Friedrich Merz.