Die SPD bekommt bei ihrer Forderung nach einem Aussetzen der Rente mit 67 Unterstützung von den Grünen. Trotz leichter Verbesserungen sei die Arbeitsmarktlage für ältere Menschen weiterhin schwierig, sagte der rentenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Wolfgang Strengmann-Kuhn, der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Nach Ansicht des Grünen-Politikers sollte der Starttermin 2012 verschoben werden. Am Zieljahr 2029, in dem die Rente mit 67 laut Gesetz erstmals für alle gilt, solle dagegen festgehalten werden. Nach geltender Rechtslage wird das gesetzliche Renteneintrittsalter zwischen 2012 und 2029 in monatlichen Schritten von derzeit 65 auf 67 Jahre angehoben.
Der SPD-Rentenexperte Anton Schaaf schlug vor, die Reform für fünf Jahre auszusetzen: Die Anhebung der Altersgrenze würde dann erst 2017 beginnen. Damit werde Zeit gewonnen, um die notwendigen Voraussetzungen für die Rente mit 67 zu schaffen, sagte er der "Braunschweiger Zeitung".
Die SPD will die Rente mit 67 solange aussetzen, bis ein größerer Anteil älterer Menschen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich auch Beschäftigung findet. Dies hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Wochenende gefordert. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte die Forderung zurückgewiesen. Sie sieht zur Rente mit 67 angesichts des drohenden Fachkräftemangels keine Alternative.
Sozialverband für Abschaffung
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) fordert hingegen ein völliges Aus für die Gesetzesregelungen. "Die Voraussetzungen für die Rente mit 67 sind nicht gegeben", sagte Verbandspräsident Adolf Bauer der "Braunschweiger Zeitung". "Gegenwärtig arbeitet nur jeder 20. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bis zum geltenden Rentenalter von 65 Jahren. Deshalb bedeutet das höhere Renteneinstiegsalter eine faktische Rentenkürzung." Nach der im Gesetz vorgesehenen Überprüfung der Regelungen, die bis Jahresende erfolgen muss, müsse die Rente mit 67 deshalb "endgültig zurückgezogen" werden, sagte Bauer. Bis dahin sollte das Gesetz "umgehend ausgesetzt" werden.
Der Grünen-Politiker Strengmann-Kuhn bedauerte, dass sich die Regierung bereits auf die Einführung der Rente mit 67 ab 2012 festgelegt habe, obwohl laut Gesetz im Herbst erst einmal eine Überprüfung der Arbeitsmarktchancen älterer Arbeitnehmer ansteht. Ende November muss die Regierung einen Bericht vorlegen, über den der Bundestag dann abstimmt. "Der Streit ist voreilig, und die Arbeitsministerin sollte sich ans Gesetz halten", sagte er. SPD-Politiker Schaaf warf von der Leyen vor, die Berichtspflicht nicht ernst zu nehmen.
Wirtschaftsinstitut plädiert für Rente mit 70
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht indes davon aus, dass das Renteneintrittsalter langfristig auf 70 Jahre steigen muss. "Wenn wir uns die höhere Lebenserwartung und die abnehmende Geburtenrate in Deutschland anschauen, wird die Rente mit 70 perspektivisch kommen müssen", sagte IW-Chef Michael Hüther der "Rheinischen Post".
Hüther forderte die Bundesregierung auf, die schrittweise Anhebung des Rentenalters über die Marke von 67 Jahren hinaus fortzusetzen. "Wir sollten 2029 nicht aufhören, das Rentenalter anzuheben, sondern auch danach damit fortfahren." Die neu entflammte Debatte in der SPD über die Rente mit 67 nannte Hüther fatal: "Man muss schon blind sein, wenn man die Folgen der alternden Gesellschaft nicht sieht."