Wozu Kriege da sind, habe ich bis heute nicht verstanden. Diese Frage hat mich viele Jahre beschäftigt, etwa als ich als Schüler gegen den ersten Irakkrieg auf die Straße ging und wütend "Kein Blut für Öl" rief, oder als ich später den Wehrdienst verweigert habe.
Warum Kriege da sind, habe ich allerdings mittlerweile verstanden, zumindest glaube ich das. Sie brechen aus, weil der Mensch dem Menschen ein Wolf sein kann. Es gibt das Böse auf der Erde, und es gibt Menschen, die vor Krieg nicht zurückschrecken. Dann kann es zu einer Situation kommen, in der Nichtstun und falsch verstandener Pazifismus die wahren Sünden sind. Das gilt auch für die Ukraine. Denn dort tobt ein Krieg, weil ein Mann, Wladimir Putin, vor dem Krieg als politisches Mittel nicht zurückschreckte. Wir müssen ihm zeigen, dass wir dieses Mittel nicht akzeptieren.
Olaf Scholz: Der Tarnkappen-Kanzler
Olaf Scholz versichert, er habe das begriffen. Dem stern verriet er vor Kurzem, er würde heute den Kriegsdienst nicht mehr verweigern. Der Bundeskanzler hat die Zeitenwende ausgerufen, er hat 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr bereitgestellt. Er hat gelobt, Deutschland – lange nur ein wirtschaftlicher Riese – werde nun auch sicherheitspolitisch eine Führungsnation.
Nur ist die Zeitenwende nie richtig im Kanzleramt angekommen. Dort gehört Zurückhaltung weiter zum guten Ton, selbst dann, wenn sie nicht mehr angebracht ist. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba beschrieb gerade die deutschen Debatten um Waffenlieferungen an sein Land so: "Es ist immer ein ähnliches Muster. Erst sagen sie Nein, dann verteidigen sie ihre Entscheidung heftig– nur um am Ende doch Ja zu sagen."
Christine Lambrecht war das Gesicht dieser deutschen Ambivalenz. Gerade als es bei der Bundeswehr wirklich etwas zu gestalten gab, stand dieser eine Frau vor, die ihr Ministeramt wie ein lästig gewordenes Hobby behandelte. Selbst ihr Rücktritt geriet zur Farce, auch dank des Herumeierns von Olaf Scholz. So drängt sich die Frage auf: War dieser eigentlich zufrieden mit seiner irrlichternden Ministerin? Verteidigungspolitik wurde eh im Kanzleramt gestaltet, und die schwache Ministerin nervte nicht mit Forderungen nach mehr Entschlossenheit. Deswegen ist nicht die Frage, ob sich nun mit Boris Pistorius an der Spitze des Verteidigungsressorts etwas bessert (schlimmer kann es nicht mehr werden). Es stellt sich die Frage, ob Scholz zulässt, dass in der deutschen Sicherheitspolitik etwas weniger Scholz gewagt wird.
Zu Dieter Bohlen auf dem Titel in der letzten Woche
Unser Dieter-Bohlen-Titel vorige Woche hat polarisiert. Nicht nur, weil der Popstar sehr kontroverse Dinge zur Russlandpolitik sagte und so etwa Lob erntete von der linken Russland-Versteherin Sahra Wagenknecht ("Wenn Bohlen Kanzler wäre, ginge es uns besser"). Sondern auch, weil manchen übel aufstieß, dass der stern (der zu RTL Deutschland gehört) einen Künstler auf den Titel hob, der bei RTL mit "Deutschland sucht den Superstar" sein TV-Comeback feierte.
Nur um es noch mal kurz zu schreiben: Wir haben dieses Gespräch mit Bohlen (um das sich übrigens etliche andere Zeitungen und Magazine bemüht hatten) nicht so prominent gedruckt, weil RTL dies wollte. Wir haben es gedruckt, weil es ein außergewöhnliches Gespräch war, mit einem sehr bekannten Deutschen, der trotz seiner großen Klappe durchaus manchmal leise Angst zu haben scheint, aus der Zeit gefallen zu sein. Und der in einigen Passagen schlicht beweist, dass viele Millionen verkaufter Platten jemanden nicht zum Experten auf allen Gebieten machen.