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Kampf gegen IS Der hasenfüßige Herr Steinmeier

Der Bedrohung durch die Terrormiliz Islamischer Staat hat die UN bisher noch keinen Beschluss entgegensetzt. Für Außenminister Steinmeier ist das ein Anlass, um den Kopf in den Sand zu stecken.
Ein Kommentar von Andreas Petzold

Außenminister Frank-Walter Steinmeier gehört zu den fleißigsten Politikern in Merkels Kabinett. Unablässig fliegt er zwischen Vier-Augen-Gesprächen und Verhandlungstischen hin und her, um verfeindete Parteien zu befrieden und Konflikte diplomatisch zu lösen. Das ist gut so. In diesen Wochen allerdings überdeckt seine Genscher-mäßige Reiseaktivität die Hasenfüßigkeit der deutschen Außenpolitik.

Aus Angst, dass seine Genossen innenpolitisch weiter an Popularität verlieren, macht Steinmeier um das heikle Thema "Kampfeinsatz gegen den Islamischen Staat" gerne einen großen Bogen. Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat diese Lücke gestern genutzt, als sie in der Süddeutschen Zeitung forderte: "Deutschland muss initiativ werden bei den Vereinten Nationen." Es müsse ein "robustes Mandat" geben, denn IS sei nur militärisch zu bekämpfen. Im Fall eines UN-Mandats müsse Deutschland "gegebenenfalls bereit sein, sich mit der Bundeswehr an einem Einsatz zu beteiligen".

Für eine grünen Politikern ein bemerkenswerter Vorstoß und für den Außenminister ein diplomatischer Kollateralschaden. Düpiert versuchte Steinmeier, die Debatte einzudämmen. Im Subtext seiner Antwort an Göring-Eckardt klang der Vorwurf des Populismus mit. Ein UN-Mandat sei unrealistisch: "Ich finde, das lässt sich leicht fordern in Deutschland, wenn man weiß, dass ein solches UN-Mandat nicht zustande kommt und wir gesagt haben, dass wir unter den gegebenen Voraussetzungen keine Bodentruppen nach Syrien entsenden werden." Es ist eher Steinmeier, der es sich leicht macht: Die Russen haben unter der Hand bereits signalisiert, dass sie einem Mandat nicht zustimmen würden. Dann müssen wir uns über einen Bundeswehr-Einsatz auch keine Gedanken machen... Das ist ein bisschen Politik nach Loriot: "Nehmen Sie das eventuell zurück? Nein? Na, dann ist die Sache für mich erledigt".

Russland würde ablehnen

Es stimmt schon: Es wäre ein weiter Weg, bevor die Vereinten Nationen nach Kapitel VII der UN-Charta eine friedenserzwingende Maßnahme gegen den Islamischen Staat autorisieren würden – nicht zu verwechseln mit beobachtenden UN-Blauhelmmissionen. Falls eine "Gefahr für den Weltfrieden" festgestellt wird, kann der Sicherheitsrat nach Kapitel VII Mitgliedsländer bitten, reguläre eigene Kampftruppen einzusetzen. Zuletzt geschehen 2001 bei der Aufstellung der Isaf-Schutztruppe in Afghanistan. Dass der Expansionsdrang des transnationalen Kalifats den Weltfrieden bedroht, ist zwar unstrittig. Aber das dürfte die Vetomacht Russland nicht davon abhalten, eine militärische Intervention auf syrischen Gebiet abzulehnen. Nach wie vor stützt Wladimir Putin den Diktator in Damaskus.

Steinmeier sollte voran gehen

Und trotz allem wäre es der Job des deutschen Außenministers, zumindest die Initiative für eine Resolution anzuschieben, an deren Ende die 15 Mitglieder des Weltsicherheitsrates Farbe bekennen müssten. Denn eindämmen, darüber sind sich Militärexperten einig, lassen sich die blutrünstigen Horden des IS am Ende nur mit Bodentruppen. Dafür muss eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Bislang agiert die Allianz gegen den IS auf Basis des Völkerrechts – Bagdad hatte um Hilfe gebeten. Ob in diesem Fall auch militärische Operationen gegen den Aggressor in Nachbarländern gedeckt sind, ist unter Völkerrechtlern umstritten.

Die zur Zeit überpräsente Schlacht um Kobane verstellt den Blick darauf, dass die Kämpfer des Kalifats in alle Himmelsrichtungen drängen. Was, wenn die Islamisten mit ihren schwarzen Fahnen die Grenzen nach Libanon oder Jordanien überschreiten? Auch Nato-Staaten könnten dann nur unter einem UN-Mandat zur Hilfe kommen. Die Weltgemeinschaft muss eine Antwort auf das archaische Morden im Nahen Osten finden. Das richtige Gremium dafür sind die Vereinten Nationen, ist der Weltsicherheitsrat. Hier muss gegen alle Widerstände ein Konsens erstritten werden, eine lohnende Aufgabe auch für den deutschen Außenminister.

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