Nach einer Protestaktion der Linken in der Bundestagsdebatte über den deutschen Afghanistan-Einsatz hat Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) die Linksfraktion von der Sitzung ausgeschlossen. Die Abgeordneten der Linken hielten nach Ende der Rede ihrer Abgeordneten Christine Buchholz großformatige Todesanzeigen mit Namen von Opfern des Luftangriffs bei Kundus im September hoch. Lammert verlangte zunächst, die Plakate herunterzunehmen und schloss die Abgeordneten dann von der Sitzung aus. Die Linksfraktion folgte erst nach mehrmaliger Aufforderung des Parlamentspräsidenten der Anweisung und verließ den Saal.
Die Linksfraktion kritisierte den Ausschluss als "weit übertrieben". Es habe sich um einen Akt des Gedenkens gehandelt, sagte Fraktionschef Hendrik Thalheim AFP. Die Bundesregierung habe sich bislang nicht zu einem Trauerakt für die Opfer des Angriffs durchringen können. Auf deutschen Befehl hin waren im September vergangenen Jahres nahe Kundus zwei Tanklaster bombardiert worden, dabei kamen zahlreiche Zivilisten ums Leben.
Nach einer Intervention des Grünen-Politikers Christian Ströbele zu Gunsten der Linken bekräftigte Lammert im Bundestag seine Entscheidung. "Das Vorgehen ist alternativlos", sagte er. Es herrsche Einvernehmen, dass Demonstrationen im Plenarsaal mit der Ordnung des Hauses nicht vereinbar seien. Nach ähnlichen früheren Vorfällen habe er den Linken bereits angekündigt, dass sie im Wiederholungsfall ausgeschlossen würden, sagte Lammert. Er räumte aber ein, dass er die Situation "alles andere als routinehaft" empfinde.
Ströbele hatte Lammert gebeten, seine Entscheidung zu überprüfen. Er empfinde es als ein "falsches Zeichen nach Afghanistan und in die Welt", wenn in Deutschland Parlamentarier des Saals verwiesen würden, weil sie den Opfern eines von Deutschland zu verantwortenden Luftangriffs gedacht hätten. "Sie haben nicht randaliert, sie waren nicht laut, sie haben Schilder hochgehalten", verteidigte Ströbele die Kollegen der Linksfraktion. Diese stünden mit ihrer ablehnenden Haltung zu dem Einsatz in Afghanistan zudem für die Mehrheit der deutschen Bevökerung.
Die SPD unterstützte dagegen die Entscheidung Lammerts. "Der Präsident hat richtig entschieden. Das Parlament ist Ort der Debatte, nicht der Demonstration. Im Parlament zählt das Argument, nicht das Transparent", erklärte ihr Parlametsgeschäftsführer Thomas Oppermann.