Kilian Hämmerling steht in Sweatshirt und mit kinnlangem blonden Strubbelhaar in der Wäschekammer der Friedenstein- Kaserne im thüringischen Gotha. Gegen Unterschrift nimmt der 18- jährige Eisenacher Bettwäsche und Kleiderbügel in Empfang. Hämmerling ist einer von deutschlandweit mehr als 12 000 jungen Männern, die am Montag bei der Bundeswehr ihren Grundwehrdienst angetreten haben.
Sein Rekrutenjahrgang ist vorerst der letzte in der Geschichte der Bundeswehr, für den die Wehrpflicht gilt - eine Zäsur für die Armee. Zum 1. Juli wird die Wehrpflicht ausgesetzt. Schon zum zweiten Einberufungstermin dieses Jahres im März werden nur noch Freiwillige in der Bundeswehr aufgenommen.
In der Friedenstein-Kaserne in Thüringen absolvieren 111 junge Männer in den nächsten drei Monaten zunächst ihre Grundausbildung in einem Aufklärungsbataillon. Die monatelangen Diskussionen um die Zukunft der Wehrpflicht haben sie aufmerksam verfolgt.
Dass er zu den letzten "echten" Wehrpflichtigen gehört, nimmt Hämmerling dennoch gelassen. "Das passt jetzt ganz gut in meine persönliche Planung", sagt er. Der 18-Jährige will nach dem insgesamt sechsmonatigen Grundwehrdienst Informatik studieren und ist noch auf der Suche nach einem Studienplatz.
Auch Stefan Schmidt, Wirtschaftsassistent aus Leipzig, sieht die Einberufung durchaus positiv. Sein älterer Bruder, ein Zeitsoldat, habe ihm zugeraten, erzählt der 22-Jährige mit dem militärisch kurzen Haarschnitt. "Und meine Mutter meinte, der Bund wäre ganz nützlich für meinen Ordnungssinn", schmunzelt er. Alexander Tuma, ein 20 Jahre alter Dachdecker aus Steinbach-Hallenberg in Thüringen, hofft darauf, dass er beim Bund gleich den Lkw-Führerschein erwerben kann.
Am ersten Tag ihres Wehrpflichtigendaseins erwarten die Neuankömmlinge allerdings noch keine Exerzier- oder Schießübungen. Zunächst müssen sie jede Menge Formulare ausfüllen, etwa Daten für die Soldzahlungen angeben, und lernen, was sich hinter militärischen Abkürzungen wie DE (Diensteintritt), DA (Dienstaustritt) oder GWDL (Grundwehrdienstleistender) verbirgt. Sie beziehen ihre Stuben und lernen ihre Altersgenossen kennen, mit denen sie die nächsten Monate verbringen werden.
Dass die Wehrpflicht seit Monaten kontrovers diskutiert werde, habe bei vielen jungen Leuten Unsicherheit hinterlassen, hat Olaf Kreuzberg, Feldwebel in der Friedenstein-Kaserne, festgestellt. "Ich wohne hier in der Stadt und bin oft darauf angesprochen worden", berichtet der 49-Jährige, der seit 31 Jahren Berufssoldat ist. Und noch sei ja unklar, welche Auswirkungen die Bundeswehrreform auf die einzelnen Standorte habe.
Denn Teil der Reform ist auch die Verkleinerung der Bundeswehr. Sie soll künftig 170 000 Berufs- und Zeitsoldaten haben. Derzeit dienen etwa 240 000 Soldaten.