Die beiden in Berlin festgenommenen mutmaßlichen Terroristen sind der Polizei ins Netz gegangen, weil sie für den Bau einer Bombe ungewöhnlich viele Chemikalien gekauft haben. "Damit hätten sie einen Sprengsatz von erheblicher Sprengwirkung herstellen können", sagte ein Polizeisprecher. Zwei Betrieben in Berlin und Baden-Württemberg waren die Bestellungen in verdächtiger Menge aufgefallen.
Laut "Tagesspiegel" soll der 24-jährige Hauptverdächtige bereits vor mehreren Monaten große Mengen Kühlpads geordert haben. Das darin enthaltene Gel sei in Verbindung mit einer bestimmten Säure hochexplosiv. Die Polizei leitete demnach aufgrund der Hinweise die Operation "Regenschauer" ein und ließ den Verdächtigen und seinen Komplizen rund um die Uhr beobachten. "Uns standen kaum noch Kräfte des mobilen Einsatzkommandos für andere Aufgaben zur Verfügung, weil alle Kräfte für die Terrorzelle benötigt wurden", zitiert das Blatt einen Ermittler. Die Männer gehören nach bisherigen Erkenntnissen vermutlich keiner internationalen Terrorgruppe an.
Auch der Attentäter von Norwegen, Anders Behring Breivik, hatte seine Bombe mit Chemikalien gebaut, in seinem Fall stammten sie aus der Landwirtschaft. Möglicherweise waren die Betriebe deswegen aufmerksam geworden.
Keine Informationen über konkretes Anschlagsziel
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Verdächtigen wegen des "Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat". Was genau die mutmaßlichen Terroristen vorhatten, ist aber noch unklar. Die Tatsache, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen nicht übernahm, spricht gegen eine größere Dimension. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ermittelt nur bei schwerwiegenden staatsgefährdenden Straftaten von besonderer Bedeutung. "Dafür gibt es in diesem Fall keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte", sagte ein Behördensprecher.
Bei der Berliner Polizei hieß es, die Fahnder hätten "weit im Vorfeld" reagiert. Bislang wisse man nichts von einem konkret geplanten Anschlag oder einem konkreten Ziel, sagte der Berliner Oberstaatsanwalt Ralph Knispel. Ein Polizeisprecher erklärte, es gebe keine Erkenntnisse, dass ein Zusammenhang mit dem 10. Jahrestag der Anschläge von New York und Washington bestehe. "Wir haben keinen Hinweis darauf, dass hier am 11. September eine Bombe hochgehen sollte." Es sei auch nichts von einem Zusammenhang zu einem Anlass wie dem Papstbesuch in Deutschland bekannt.
Die Polizei hatte die zwei mutmaßlichen Islamisten - bei dem 24-jährigen handelt es sich um einen Deutschen libanesischer Abstammung, der 28-Jährige stammt aus dem Gazastreifen - am Donnerstagvormittag festgenommen. Insgesamt 220 Polizeibeamte waren im Einsatz und durchsuchten zudem einen islamischen Kulturverein in Berlin-Wedding und die Wohnungen der beiden Männer in Kreuzberg und Neukölln. In der Neuköllner Wohnung wurde eine flüssige Chemikalie sichergestellt.
Die beiden Männer sollen sich laut Polizei häufig in der Moschee in der Tromsöer Straße aufgehalten und dort auch zeitweise gewohnt haben. Die Ermittlungen richteten sich aber ausdrücklich nicht gegen die Moschee, den Verein oder dessen Vorsitzenden, so die Polizei. "Sie stehen nicht im Fadenkreuz der Ermittler."

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"Herzlichen Glückwunsch an die Polizei"
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit würdigte die Festnahme der Terrorverdächtigen als "guten Fahndungserfolg". "Er zeigt, dass die Sicherheitsbehörden wachsam sind", sagte der SPD-Politiker nach Angaben eines Sprechers. "Falls sich der Verdacht bestätigt: Herzlichen Glückwunsch an die Polizei."
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einem deutlichen Hinweis, dass die Terrorgefahr in Deutschland nach wie vor auf hohem Niveau ist. "Wer glaubt, dass sich zehn Jahre nach den furchtbaren Anschlägen in den USA und nach dem Tode Osama bin Ladens die Lage normalisiert habe, ist erneut eines Besseren belehrt worden", sagte der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut. Die Polizei werde weiterhin mit einem hohen Personal- und Technikeinsatz den Fahndungsdruck auf potenzielle Terroristen hochhalten müssen.
Nach Ansicht des CDU-Innenpolitikers Wolfgang Bosbach hat sich nach den Festnahmen die Sicherheitslage in Deutschland nicht grundlegend verändert. Gleichwohl sei die Gefährdungslage "anhaltend besorgniserregend", sagte Bosbach dem Sender n-tv. Deutschland werde immer wieder als mögliches Anschlagsziel genannt. Es gebe aber auch "keinen Grund zur Panik". Die Sicherheitsbehörden seien gut aufgestellt.