Frankreichs sozialistischer Präsidentschaftskandidat François Hollande hat seine Bedenken gegen den neuen europäischen Fiskalpakt bekräftigt. Er wolle ihn nach einem Wahlsieg "nur ratifizieren, wenn er durch Maßnahmen für mehr Wachstum" ergänzt werde, sagte Hollande dem "Handelsblatt" vom Mittwoch. "Wir dürfen das Sparen nicht um des Sparens willen betreiben", ergänzte er. Der Vertrag brauche auch "Maßnahmen, die Wachstum und Beschäftigung begünstigen".
"Wenn der Pakt keine Maßnahmen für Wachstum enthält, kann ich ihn der Nationalversammlung nicht zur Ratifizierung empfehlen", sagte Hollande der Zeitung. Den französischen Haushalt wolle er bis zum Jahr 2017 ausgleichen. "Ich will Frankreich sanieren und wieder aufrichten", sagte Hollande. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nehme er es im Übrigen nicht übel, dass sie ihn zuletzt nicht empfangen habe. "Falls ich gewählt werde, wird mich mein erster Besuch nach Deutschland führen", sagte Hollande.
Für die erste Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag sagen mehrere am Dienstag veröffentlichte Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Hollande und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy bei Zustimmungswerten knapp unter 30 Prozent voraus. Auf dem dritten Platz sehen die Meinungsforschungsinstitute die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen vor dem Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon mit je über zehn Prozent. Die Stichwahl am 6. Mai dürfte Hollande klar gewinnen, sein Vorsprung vor Sarkozy variiert zwischen sechs und zwölf Prozentpunkten.
Der Präsident des Europäischen Parlaments, der deutsche SPD-Politiker Martin Schulz, sprach Hollande indes seine Unterstützung aus. Es könne "nicht angehen, dass Demokratie nur dann gut ist, wenn Parteien regieren, die den Märkten gefallen", sagte Schulz der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Mittwoch. "Allein deshalb, um ein Zeichen zu setzen, müssen wir hoffen, dass Hollande gewinnt", fügte er hinzu und warnte, dass dieser "den Sieg noch nicht sicher in der Tasche" habe. Hollande werde "bis zur letzten Minute kämpfen müssen".
Sarkozy will nach Wahl stärker auf Konfliktkurs in der EU gehen
Nicolas Sarkozy versuchte derweil ebenfalls, bei den Skeptikern eines zu starken Europa zu punkten: "Frankreich wird gegenüber seinen europäischen Partnern genauso anspruchsvoll sein wie die Partner es ihm gegenüber sein dürfen", sagte der Parteichef von Sarkozys UMP, Jean-François Copé. Sarkozy hatte bei einem Wahlkampf-Auftritt am Sonntag überraschend gefordert, die Europäische Zentralbank (EZB) zur Stärkung des Wachstums in Europa einzusetzen. In einem Radiointerview stellte der Präsident am Dienstag klar, dass er damit nicht die Unabhängigkeit der EZB in Frage stelle. Er wolle aber einen Dialog führen über die Rolle, die die EZB spielen könne. "Weil es die Unabhängigkeit gibt, muss man auch darüber reden können", sagte Sarkozy im Radiosender France Inter.
Er reagierte damit auf Äußerungen der Bundesregierung, die am Montag auf die Unabhängigkeit der EZB verwiesen hatte. Auf diese Linie hatte Merkel Sarkozy auch im vergangenen Jahr eingeschworen. Nach einem Treffen in Straßburg hatte der Präsident im November erklärt, es werde "weder positive noch negative" Forderungen an die EZB geben.
UMP-Chef Copé widersprach Berichten, das Verhältnis von Sarkozy zu Merkel (CDU) sei abgekühlt. Dass Sarkozy ursprünglich geplante Auftritte Merkels in seinem Wahlkampf nicht mehr wünsche, sage nichts über das Verhältnis aus. "Das ist keine Krisen-Freundschaft, sondern eine echte", sagte Copé. Er wisse aber nicht, "ob Angela Merkel beleidigt ist".