Vor dem Verfassungsgericht Bayern klagt gegen Wahlrechtsreform

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder wettert schon lange gegen die Wahlrechtsreform der Ampel
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder wettert schon lange gegen die Wahlrechtsreform der Ampel
© Peter Kneffel / DPA
Die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition verkleinert nicht nur den Bundestag, sondern könnte auch Oppositionsparteien aus dem Parlament befördern. Nun klagt Bayern gegen die Reform.

Bayern klagt wie angekündigt gegen die umstrittene Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags. Das hat das Kabinett am Dienstag in München beschlossen. Die neu geschaffenen Regeln verstießen gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit sowie gegen das Demokratie- und das Bundesstaatsprinzip, argumentierte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nach der Kabinettssitzung.

Am vergangenen Freitag hatte der Bundesrat die von SPD, Grünen und FDP forcierte Reform passieren lassen. Ein Antrag Bayerns, den Vermittlungsausschuss anzurufen, fand dort keine Mehrheit.

Wahlrechtsreform verkleinert Bundestag

Mit der Reform soll die Zahl der Abgeordneten im momentan auf 736 Abgeordnete angewachsenen Bundestag auf 630 begrenzt werden. Erreicht werden soll das durch die Abschaffung der sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate sowie der sogenannten Grundmandatsklausel.

Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Erststimmen mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Um das Kräfteverhältnis der Parteien nach Zweitstimmen wiederherzustellen, wurden diese Überhänge mit Ausgleichsmandaten aufgefüllt. Das hat den Bundestag immer weiter anwachsen lassen.

Gewählte Direktkandidaten könnten keinen Sitz bekommen

Kommt es künftig dazu, dass eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, soll laut Wahlrechtsreform bei den Direktkandidaten von hinten weggekürzt werden: Diejenigen mit dem schwächsten Ergebnis bekommen keinen Sitz im Bundestag mehr, damit entfiele anschließend das Auffüllen mit Ausgleichsmandaten, um das Kräfteverhältnis wieder herzustellen.

Abgeschafft werden soll außerdem die sogenannte Grundmandatsklausel. Die ermöglicht es bisher Parteien, auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzuziehen, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde landen, aber mindestens drei Direktmandate gewinnen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Die CSU kam 2021 auf 5,2 Prozent, gewann aber fast alle Direktmandate in Bayern.

CSU fürchtet, aus dem Bundestag zu fliegen

Würde die CSU unter die Fünf-Prozent-Marke rutschen, würde sie nach dem neuen Wahlrecht also aus dem Bundestag fliegen, egal wie viele Wahlkreise sie direkt gewinnt. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) kritisierte deshalb die Ampel-Parteien scharf: "Die Regierung schafft sich eine eigene Mehrheit durch Wahlrecht", sagte er.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Am Montag hatte bereits die CSU eine Verfassungsbeschwerde gegen die Reform beschlossen. Auch CDU und CSU im Bundestag wollen klagen.

Auch ist die CSU-geführte Staatsregierung in dem Punkt mit der Linkspartei einig. "Das neu geschaffene Wahlrecht ignoriert den Wählerwillen und nimmt in Kauf, zwei anerkannte Oppositionsparteien aus dem Parlament zu drängen", hieß es in der Mitteilung der Staatskanzlei. "Das ist Machtmissbrauch und Wahlrechtsmanipulation."

DPA
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