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Hamburger TV-Duell Lauter Nettigkeiten und ein Blackout

Der Wahlkampf in Hamburg bleibt ein Austausch von Nettigkeiten. In einem TV-Duell zwischen Bürgermeister Ole von Beust und SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann erlebte der Zuschauer einen Blackout und hanseatische Zurückhaltung.
Von Stefanie Zenke

Ole von Beust nippt an einem Glas Weißwein. Dicke Fernsehschminke lässt den Hamburger Bürgermeister (CDU) ein wenig blass aussehen. Da betritt sein Herausforderer, der SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann, schnellen Schrittes den Raum. Auch er greift zum Weißwein, geht am Buffet vorbei schnurstracks auf von Beust zu. Die beiden Männer prosten sich zu, sie lächeln ein wenig erschöpft, zahlreiche Kameras klicken. Vor wenigen Minuten noch standen sich die Kontrahenten im Fernsehstudio des Norddeutschen Rundfunks gegenüber. In einer Live-Sendung stellten sie sich den Fragen des Moderators Andreas Cichowicz.

Sachlich, ruhig und hanseatisch zurückhaltend ging es während des TV-Duells zwischen von Beust und Naumann zu. Keiner attackierte den politischen Gegner mit scharfen Worten. Auf ein "lieber Herr von Beust" folgte ein "lieber Herr Naumann". Und auch als Naumann sich nach der Sendung über seinen "Hänger" ärgert - er verhaspelte sich beim abschließenden Statement und erlebte einen kurzen Blackout - tritt der Bürgermeister nicht nach. "Das kann passieren", so von Beust, "man ist ja keine Maschine, sondern ein Mensch." Im Anschluss an die Sendung sagt Naumann: "Ich hatte zu viel auf dem Herzen und zu wenig Zeit."

"Ich will keine hessischen Verhältnisse"

Über mögliche Koalitionen nach der Wahl am kommenden Sonntag will keiner von beiden etwas sagen. "Eine Woche halten wir noch durch", sagt von Beust, lächelt smart in die Kamera und fügt dann mit ernster Miene hinzu: "Ich will keine hessischen Verhältnisse." Naumann betont, er wolle die SPD zur stärksten Fraktion in der Bürgerschaft machen. Erneut schließt er eine politische Zusammenarbeit mit der Linkspartei aus. Auch auf die Umfragen, die weiterhin keine klaren Mehrheitsverhältnisse in Hamburg sehen, wollen sich die beiden Spitzenkandidaten nicht einlassen. Laut einer Infratest dimap Umfrage käme die allein regierende CDU derzeit auf 39 Prozent, die SPD auf 35 Prozent. Die Grünen und die Linke liegen jeweils bei neun Prozent, die FDP bei fünf Prozent.

Einigkeit demonstrieren von Beust und Naumann auch in der Steueraffäre des bisherigen Post-Chefs Klaus Zumwinkel. Beust betont mit gefalteten Händen, wie "unanständig" das alles sei. "Manche Leute kriegen den Kanal einfach nicht voll", fügt er lapidar hinzu. Naumann nickt zustimmend: "Es ist bedrückend, dass wir das hier in Deutschland erleben müssen." Als NDR-Mann Cichowicz die Politiker fragt, wie sie den Wahlkampfstress bewältigen, erfährt der Zuschauer, dass der Bürgermeister früh ins Bett geht und "schläft wie ein Stein". Naumann hingegen empfindet "Interviews wie diese" als pure Entspannung. Im Raum nebenan, wo die Journalisten den Auftritt verfolgen, fallen die Stifte auf die Blöcke.

Bekannte Standpunkte

Schulpolitik, Wirtschaft, innere Sicherheit - die beiden Politiker vertreten ihre bekannten Standpunkte. Naumann will Kita- und Studiengebühren abschaffen. Der Senatschef, der zugibt, in den vergangenen Jahren eine "harte Sparpolitik" betrieben zu haben, wirft dem SPD-Kandidaten vor, den Wählern "das Blaue vom Himmel herunter zu versprechen, ohne zu wissen, was das alles kostet". Dem widerspricht Naumann. Innerhalb von vier Jahren würden die Wahlversprechen der SPD lediglich rund 250 Millionen Euro kosten, die durch Umschichtungen aufgebracht werden könnten. Einig sind sich die beiden Kandidaten wieder in einem anderen Punkt: Es dürfen keine neuen Schulden gemacht werden.

Nur ein einziges Mal wird von Beust während der Live-Sendung persönlich: Als Naumann davon berichtet, entscheidend an dem heute erfolgreichen Stiftungsgesetz mitgearbeitet zu haben - während seiner Zeit als Kulturstaatssekretär der Bundesregierung von Gerhard Schröder. Woraufhin der Bürgermeister mit hochgezogenen Augenbrauen erwidert: "Ich beneide Menschen, die so uneingeschränkt auf sich selbst stolz sind." Dann wird der Ton wieder freundlich, wer auf eine Offenbarung wartet, wartet vergebens.

Am Schluss steht es 20:01 zu 19:51. Von Beust liegt - rein zeitlich gesehen - knapp vor Naumann, er hat insgesamt 20 Minuten und eine Sekunde lang gesprochen. Man hätte gerne noch eine halbe Stunde länger reden können, sagt von Beust nach dem Fernsehduell. Im Raum mit dem aufgebauten Buffet steht CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla neben dem Bürgermeister und redet immer wieder denselben Satz in die Kameras: Beust habe "mit Kompetenz, Entschlossenheit und Sympathie überzeugt". Für die SPD ist Henning Voscherau, der ehemalige Erste Bürgermeister der Hansestadt, nach Hamburg gereist. "Er war gut", sagt er über Naumann. In einer Woche wird der Wähler darüber entscheiden.

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