Kommentar Über Beck wird in Hessen entschieden

Linkspartei hin, Linkspartei her: Die SPD versammelt sich demonstrativ hinter Ihrem Parteichef Kurt Beck - auch Steinbrück und Steinmeier, die "Stones", sind weich geworden. Doch es gibt ein Land, das dem maladen King Kurt zum Verhängnis werden könnte: Hessen.

Debatte um Debatte um Debatte. Es kommt einem zu den Ohren wieder raus. Darf die SPD mit der Linkspartei ins Bett? Nur ein bisschen fummeln oder mehr? Ist Kurt Beck als Parteichef noch glaubwürdig? Werden ihn die eigenen Genossen stürzen? Und, Achtung, jetzt kommt der Cliffhanger: Wird Andrea, das schöne Rotkäppchen, den bösen Wolf Roland überlisten?

Es gibt in der SPD bis heute keine plausible Erklärung dafür, warum Beck ausgerechnet eine Woche vor der Landtagswahl in Hamburg die Nachricht lanciert hat, dass die SPD auch im Westen mit der Linkspartei zusammenarbeiten könnte. Damit zündete Beck eine politische Bombe, die direkt unter seinem Stuhl explodierte und deren Splitter seinem Hamburger Spitzenkandidaten Michael Naumann um die Ohren flogen. Ungefähr tausend Schlagzeilen später hat sich der Rauch verzogen. Es gilt, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

Die Revolution fällt aus

Erstens: Die Exponenten des konservativen SPD-Flügels, mögen es nun die Herren Peer Steinbrück, Frank Walter Steinmeier oder der Seeheimer Kreis sein, haben sich heftig über Becks linkes Solo beschwert. Aber keiner hat ihn direkt herausgefordert. Im Gegenteil: Der SPD-Vorstand hat das nachgeschobene Papier zur Linkspartei abgenickt. Zweitens: Der zahlenmäßig noch viel größere Parteirat hat sich ebenfalls hinter Beck gestellt. Drittens: Für die SPD-Fraktion hat Peter Struck am Dienstag in der "Bild" eine Loyalitätserklärung abgegeben. "Kurt Beck ist und bleibt SPD-Vorsitzender - ohne Wenn und Aber", sagte Struck. "Als Parteichef hat Kurt Beck das Recht des ersten Zugriffs auf die Kanzlerkandidatur."

Ende der Durchsage. Die Revolution fällt aus. Beck bleibt Parteivorsitzender, wer anderes behauptet, führt eine Phantomdebatte. Das mag den Pfälzer, der derzeit erkrankt das Bett hütet, beruhigen. Noch viel beruhigender dürfte für ihn sein, dass er den politischen Restmüll, nämlich sein Glaubwürdigkeitsproblem, mit seinen Rivalen teilt. Steinbrück und Steinmeier, letzterer immer mal wieder als möglicher Kanzlerkandidat gehandelt, sind zweimal umgefallen. Erst bei der Verlängerung des Arbeitslosengeldes II, jetzt beim Umgang mit der Linkspartei. Ihre halbherzige Kritik wird verhallen. Was bleibt ist der Eindruck: Die "Stones" sind weich.

Ein Gruß von Heide Simonis

Allein die verzwackten hessischen Verhältnisse könnten Beck noch zum Verhägnis werden. Angenommen, Andrea Ypsilanti stellt sich zur Wahl als Ministerpräsidentin. Auf die Stimmen der Linkspartei und der Grünen könnte sie wohl zählen. Aber was ist mit den konservativen Sozialdemokraten in der eigenen Fraktion? Wenn ihr nur zwei der 57 Stimmen des rot-rot-grünen Lagers fehlen, fällt sie durch. Das Risiko, wie einst Heide Simonis zu enden, ist nicht klein. Angenommen, Andrea Ypsilanti würde nicht zur Ministerpräsidentin gewählt. Wen würde man für dieses Desaster verantwortlich machen? Und wer könnte behaupten: Wir haben es ja schon immer gesagt?

Genau.