Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wird die Abstimmung über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan-Konflikt mit der Vertrauensfrage verbinden. Haben SPD und Grüne dann keine Mehrheit, kommt es zum Bruch der Koalition. Folgende Möglichkeiten stehen dem Kanzler dann offen:
Koalition mit der FDP
Eine sozial-liberale Koalition würde sich im Bundestag nur auf eine Mehrheit von acht Stimmen stützen, bei Rot-Grün sind es immerhin 16 Stimmen. Dies wäre ein äußerst schwaches Konstrukt:
Bei Abstimmungen wäre die Regierungsmehrheit dann bereits bei vier Gegenstimmen in der Regierungskoalition verloren. Die Gefahr der SPD-internen Opposition gegen die Regierungspolitik und gegen Schröder wächst bei einem Bündnis mit der FDP. In der SPD gibt es vor allem bei den Linken massive Vorbehalte gegenüber dem politischen Kurs der Liberalen.
Koalition mit der Union
Eine Große Koalition im Bund würde dem Kanzler zwar mit 539 von 666 Stimmen eine stabile Mehrheit im Bundestag sichern. Gleichzeitig würde die SPD damit aber nach eigener Einschätzung die Union stärken und damit die eigenen Chancen bei der Bundestagswahl 2002 reduzieren.
Neuwahlen
Schröder könnte Bundespräsident Johannes Rau vorschlagen, binnen 21 Tagen den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen festzusetzen. In der Entscheidung darüber wäre Rau formal frei. Er könnte zuvor auch in eigenen Gesprächen die
Möglichkeiten für eine andere Koalitionsbildung sondieren. Raus Recht zur Auflösung des Bundestages würde erlöschen, falls das Parlament mit einem Konstruktiven Misstrauensvotum einen neuen Kanzler wählt oder Schröder eine erneute Vertrauensfrage positiv beantwortet bekäme. Neuwahlen wären für Schröder nicht die aussichtsloseste Variante. Er befindet sich wegen der außenpolitischen Lage derzeit in einer starken Position. Nach Einschätzung von Wahlforschern setzen die Wähler in Zeiten außenpolitischer Unsicherheit nicht auf Kanzler-Wechsel. Findet die Bundestagswahl wie geplant im Herbst 2002 statt, könnte die Außenpolitik bereits wieder stärker überlagert werden von wirtschaftlichen Schwierigkeiten und hohen Arbeitslosenzahlen. Vorgezogene Wahlen würde die Union mitten in einer Phase der Führungsdebatte treffen, 2002 wäre die Einigkeit möglicherweise schon größer.
Minderheitsregierung
Schröder könnte auch eine Minderheitsregierung bilden, bei der er sich bei Abstimmungen auf wechselnde Mehrheiten verlässt. Am schwierigsten würde dies bei den bevorstehenden Haushaltsberatungen werden. Darüber hinaus stehen in dieser Wahlperiode keine großen Projekte mehr an. Das Sicherheitspaket II wird auch von der Union mitgetragen. Eine Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes vor der Bundestagswahl war wegen des Widerstands der Union ohnehin als schwierig erachtet worden.
Rücktritt
Die Rücktrittsmöglichkeit des Kanzlers ist zwar im Grundgesetz nicht ausdrücklich geregelt, wird aber vorausgesetzt. Er kann jederzeit zurücktreten, was zugleich den Rücktritt der ganzen Regierung bedeuten würde, da diese vom Kanzler, und nicht vom Parlament abhängig ist. In der Regierung wird aber nicht von einer Amtsmüdigkeit des Kanzlers ausgegangen.