Karlsruhe Verfassungsgericht weist Eilantrag gegen Impfpflicht in Pflege und Medizin zurück

Impfpflicht-Debatte: Frau geht unter Plakat mit Aufschrift Corona-Impfung
In München lädt ein Schild zur kostenlosen Corona-Impfung ein. Das Bundesverfassungsgericht hat derzeit "keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken" gegen eine Impfpflicht.
© Peter Kneffel / DPA
Mitten im politischen Streit um die Corona-Impfpflicht für Pflege- und Klinikpersonal hat das Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die Regelung abgelehnt. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht endgültig.

Die Corona-Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal kann aus rechtlicher Sicht wie geplant ab Mitte März umgesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht lehnte es im Eilverfahren ab, die Vorschriften vorläufig außer Kraft zu setzen. "Der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung steht die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber", teilte das Gericht am Freitag mit. Die Impfpflicht begegne "zum Zeitpunkt dieser Entscheidung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken".

Die Richterinnen und Richter merken allerdings kritisch an, dass im Gesetz nichts Genaueres zum Impf- und Genesenennachweis stehe. Es werde lediglich auf eine Verordnung mit weiteren Verweisen auf Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert-Koch-Instituts verwiesen. Geklagt haben überwiegend ungeimpfte Beschäftigte und auch Einrichtungsleiter, die weiter ungeimpftes Personal beschäftigen wollen.

Noch keine endgültige Entscheidung über Impfpflicht

Die Karlsruher Entscheidung gilt nur vorläufig und bedeutet noch nicht, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht grundsätzlich verfassungsmäßig ist, dies muss noch im Hauptverfahren umfassend geprüft werden. Das Gericht nahm im Eilverfahren nur eine Folgenabwägung vor. Es prüfte, was die schlimmeren Konsequenzen hätte: wenn es erst einmal alles laufen lässt, obwohl die Klagen berechtigt wären – oder wenn es die Impfpflicht vorübergehend aussetzt und sich diese später als verfassungsgemäß herausstellt.

Der Richterspruch kommt in einer politisch brisanten Zeit, denn zwischen der Bundesregierung und der bayerischen Landesregierung tobt ein Streit über die Regelung. Bayern kündigte vor einigen Tagen an, das Bundesgesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht zunächst nicht umsetzen zu wollen. Die Bundesregierung mahnte die Landesregierung daraufhin, dass sie sich an das Gesetz halten müsse.

Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht soll alte und geschwächte Menschen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen, die ein besonders hohes Risiko haben, sehr schwer zu erkranken oder daran zu sterben. Sie gilt für Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken, aber zum Beispiel auch in Arztpraxen und bei ambulanten Diensten, für Hebammen, Physiotherapeuten und Masseure. Sie alle müssen bis 15. März 2022 nachweisen, dass sie voll geimpft oder kürzlich genesen sind. Neue Beschäftigte brauchen den Nachweis ab 16. März von vornherein. Für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, gilt eine Ausnahme.

Fehlt der Nachweis, muss das Gesundheitsamt informiert werden, um den Fall zu untersuchen. Es kann dem Betroffenen dann verbieten, die Einrichtung zu betreten oder seine Tätigkeit weiter auszuüben.

Die Verabschiedung der Impfpflicht in Bundestag und Bundesrat Mitte Dezember hatte eine Klagewelle in Karlsruhe ausgelöst. Bis 3. Februar waren bereits 74 Verfassungsbeschwerden von rund 300 Klägerinnen und Klägern eingegangen, viele davon mit Eilanträgen.

DPA · AFP
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