Innenminister-Treffen in Berlin Italien fordert EU-Maßnahmen gegen Flüchtlingswelle

Angesichts der Kriege im Irak und Syrien steigen die Flüchtlingszahlen stark. Bundesinnenminister Thomas de Maizière spricht von einer "dramatischen Situation". Italien fordert mehr Hilfe von der EU.

Mit einem gemeinsamen Vorstoß in der EU wollen Deutschland und Italien den Streit über die Lastenverteilung in der Flüchtlingspolitik beilegen. Nach einem Treffen am Dienstag in Berlin kündigten Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein italienischer Kollege Angelino Alfano ein Maßnahmenpaket an, das die EU-Innenminister Anfang Oktober beschließen sollen. Kernpunkte seien Maßnahmen gegen Schlepperbanden und eine bessere Sicherung der Grenzen im Mittelmeer.

Angesichts der stark steigenden Flüchtlingszahlen sprach de Maizière von einer "dramatischen Situation" im Mittelmeer. Deutschland sei bereit, Italien im Rahmen der geplanten EU-Initiative "Frontex Plus" im Mittelmeer zu helfen, wenn dies "im Rahmen eines europäischen Gesamtkonzepts" erfolge. Von Italien verlangte er, Flüchtlinge nicht einfach nach Deutschland und andere EU-Staaten weiterziehen zu lassen.

An der Vorbereitung des Konzepts sollen auch Frankreich und eventuell weitere EU-Staaten beteiligt sein. Als Ziel nannten de Maizière und Alfano vier Maßnahmen: Internationale Schlepperbanden müssten härter verfolgt werden. Die EU müsse enger und besser abgestimmt mit den Ländern des südlichen Mittelmeers zusammenarbeiten, von wo aus sich viele Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen. Auch die Zusammenarbeit mit den Heimatländern der Flüchtlinge müsse verbessert werden - de Maizière nannte hier Eritrea und Somalia. Zudem müsse Italien Unterstützung für seine Grenzsicherung im Mittelmeer erhalten.

Italien kritisiert mangelnde EU-Unterstützung

Italien hat im vergangenen Herbst auf eigene Initiative den Marineeinsatz "Mare Nostrum" gestartet, um das Mittelmeer zu überwachen und Bootsflüchtlinge aufzugreifen. Für Unmut in Italien sorgte, dass es sich bei der Grenzsicherung im Mittelmeer von den EU-Partnern nicht ausreichend unterstützt fühlte.

Deutschland seinerseits hatte wiederholt kritisiert, dass Italien Asylbewerber nach Deutschland weiterreisen lasse und dabei EU-Vereinbarungen missachte. "Wir haben einen überproportionalen Zulauf von Asylbewerbern aus Italien", kritisierte de Maizière. Alfano beteuerte: "Wir bieten ein hohes Maß an Zusammenarbeit an."

De Maizière und Alfano räumten ein, dass der Zustrom von Flüchtlingen zuletzt die Beziehungen belastet habe: Es sei eine Lage entstanden, "in der europäische Regierungen anfangen, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen", sagte de Maizière. Alfano sagte: "Wir müssen verhindern, dass wir uns untereinander streiten."

"Deutschland sollte Vorbild sein"

Die Flüchtlingshilfegruppe Pro Asyl forderte de Maizière auf, jenen in Italien ankommenden Flüchtlinge die Weiterreise zu gestatten, die in Deutschland Verwandte haben. Deutschland dürfe "nicht länger Italien die Verantwortung für die aus Seenot Geretteten aufbürden", forderte Pro Asyl.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Die SPD-Bundestagsfraktion forderte derweil ein Bundesprogramm für die Aufnahme von Flüchtlingen in akuten Krisensituationen. In einem ersten Schritt solle ein Kontingent von 15.000 Flüchtlingen aus dem Irak aufgenommen werden, erklärten Fraktionsvize Eva Högl und der Innenexperte Rüdiger Veit in Berlin. Die Forderung sei mit den Landesinnenministern und Senatoren der SPD abgesprochen.

"Deutschland sollte Vorbild sein, wenn es konkret darum geht, in Lebensgefahr geratenen Menschen Schutz zu gewähren", forderten Högl und Veit. Das Bundesprogramm solle auch dazu dienen, die deutschen Kommunen "mit ihren finanziellen und sozialen Schwierigkeiten nicht alleine zu lassen".

AFP
amt/AFP