Die CSU-orientierten Meinungsumfragen der bayerischen Staatskanzlei sind zum Fall für die Justiz geworden: Die Staatsanwaltschaft München I hat Vorermittlungen eingeleitet, um einen möglichen Untreueverdacht zu untersuchen. "Wir beschaffen uns jetzt erst einmal die Studien und prüfen das. Danach wird über das weitere Vorgehen entschieden", sagte Behördensprecher Thomas Steinkraus-Koch am Montag auf Anfrage. "Wir prüfen von uns aus von Amts wegen." Die Staatskanzlei hatte auf Steuerzahlerkosten Umfragen in Auftrag gegeben, in denen das Meinungsforschungsinstitut GMS parteipolitische Empfehlungen für die CSU abgab.
Die Staatsanwaltschaft ist die zweite Behörde, die sich mit den Umfragen befasst. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) lässt bereits seit vergangener Woche untersuchen, ob die CSU gegen das Parteiengesetz verstoßen hat.
Vorermittlungen bedeuten nicht, dass die Staatsanwaltschaft bereits einen konkreten Verdacht hegt, sondern nur, dass die Ermittler untersuchen, ob ein solcher Verdacht begründet ist. Eine Strafanzeige ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft bisher nicht bei den Ermittlern eingegangen.
SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher warf sowohl Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) persönlich als auch der Regierungszentrale bewusste Täuschung der Öffentlichkeit vor. Die FDP hatte bereits personelle Konsequenzen gefordert, wenn es sich wirklich um verdeckte Parteienfinanzierung handelt. Gemeint war damit ein Rücktritt von Staatskanzleichef Siegfried Schneider (CSU) - doch mittlerweile hat Seehofer erklärt: "Was in der Staatskanzlei geschieht, verantworte ich."
Die Landtags-Grünen wollen auch den Obersten Rechnungshof (ORH) einschalten. Fraktionschefin Margarete Bause verwies darauf, dass der ORH den Landtagsfraktionen partei-orientierte Meinungsumfragen untersagt hat. Das müsste nach Grünen-Einschätzung auch für die Staatskanzlei gelten. Die Umfragen kosteten nach SPD-Angaben 108 000 Euro.