Nach Finanzminister Wolfgang Schäuble hat nun auch Kanzlerin Angela Merkel die Höhe der von schwarz-gelb versprochenen Steuersenkungen infrage gestellt. Gleichzeitig verteidigte sie aber am Mittwoch in Berlin die mit der FDP getroffenen Vereinbarungen. Derweil pochten FDP und CSU auf die Einhaltung des Koalitionsvertrags und reagierten damit auf Kritik aus den CDU-geführten Bundesländern.
Merkel bezweifelte, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Höhe der Steuerentlastung tatsächlich umgesetzt werden kann. "Auf Punkt und Komma kann ich es ihnen nicht garantieren, weil noch andere mitwirken, die nicht Teil der Koalitionsvereinbarung sind", sagte die CDU-Chefin der ARD unter Hinweis auf die Länder. Gleichzeitig erklärte sie, die für 2010 und 2011 vorgesehenen Entlastungen seien die richtige Antwort, um Wachstumsimpulse zu setzen, die Binnennachfrage zu stärken. "Wir versuchen die Dinge, die wir verabredet haben, umzusetzen."
Definitiv keine Mehrwertsteuererhöhung
In einem ZDF-Interview wies sie den Vorwurf der zu hohen Staatsverschuldung zurück. "Der Fehler nach der ersten Wirtschaftskrise war, dass man zu schnell gespart hat, sagte Merkel. "Wir müssen jetzt Wege gehen, für die gibt es keine geschichtliche Erfahrung."
Eine Mehrwertsteuererhöhung zur Konsolidierung des Staatshaushalts schloss Merkel erneut aus. "Das wäre das absolute Gift zur jetzigen Zeit", sagte sie. Union und FDP hätten vereinbart, dass in dieser Legislaturperiode keine Steuern erhöht würden. "Dabei bleiben wir."
CDU-Landespolitiker erneuern Kritik
FDP und CSU ließen dagegen keinen Zweifel daran, dass die Pläne des Koalitionsvertrags umgesetzt werden. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger sagte in der "Bild"-Zeitung, der Koalitionsvertrag sei keine Wunschliste, sondern ein Vertrag, der solide erarbeitet worden sei. "Wir werden das genauso umsetzen."
CDU-Landespolitiker erneuerten derweil ihre Kritik an den Vereinbarungen. Der baden-württembergische Finanzminister Willi Stächele (CDU) sagte der "Passauer Neuen Presse": "Die Länder haben ihre eigene Finanzverantwortung, der sie gerecht werden müssen. Der Koalitionsvertrag ist noch keine abschließende Festlegung der Länder." Auch Städtetagspräsidentin Petra Roth (CDU) äußerte sich skeptisch: Die Städte lehnten zwar "allgemeine Steuerentlastungen nicht generell ab". Der Bund müsse aber "bei dem geplanten Volumen seiner Steuerpläne darlegen, wie wir unsere Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger und für die Wirtschaft weiter finanzieren sollen."
Zuletzt hatte auch der designierte Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) Zweifel an den Koalitionsvereinbarungen genährt, weil er sich nicht endgültig darauf festlegen wollte, dass die für 2011 angekündigten Steuerentlastungen von 24 Milliarden Euro auch tatsächlich kommen. Gleichwohl verteidigte Schäuble die Finanzpolitik der schwarz-gelben Koalition. Schäuble sagte dem Magazin stern, es gehe bei den geplanten Steuerentlastungen auch um die psychologische Wirkung. "Wir müssen jetzt erst einmal weiter ein hinreichendes Maß an Vertrauen und Zuversicht herstellen". Die Steuerentlastung von 20 Milliarden Euro zum 1. Januar 2010 sei jedoch "nah an der Obergrenze".