Koalitionskrach "Setzt diese Reform ab, Kollegen!"

Der Streit um die Gesundheitsreform innerhalb der Koalition spitzt sich zu. Während Unionsfraktionschef Kauder auf Verändungen pocht, warnt SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach dagegen vor einem Scheitern. Die Grünen sprechen schon jetzt von einer "Blamage".

"Sollte die CSU die Reform der privaten Krankenversicherung weiter verwässern, wäre die Gesundheitsreform für die SPD untragbar", so Lauterbach im "Handelsblatt" (Mittwochausgabe). Das Gesundheitsministerium habe "Vorschriften für die private Krankenversicherung in das Gesetz geschrieben, die so nicht verabredet waren", hält Volker Kauder (CDU) in der "Bild"-Zeitung (Mittwoch) dagegen. Er "verlange aber, dass die Eckpunkte wie vereinbart umgesetzt werden". Zuvor hatte Kauder bereits angekündigt, die geplante Verabschiedung der Reform im Bundestag werde um zwei Wochen verschoben. Den bisherigen Planungen zufolge sollte die Reform am 19. Januar vom Bundestag und am 16. Februar vom Bundesrat verabschiedet werden. Den Start der Reform am 1. April 2007 stellte Kauder nicht in Frage.

"Zustimmung nicht verantwortbar"

Lauterbach sagte dagegen dem Berliner "Tagesspiegel" (Mittwoch): "Der 1. April ist kein Muss-Termin." Die von der CSU kritisierte Übernahmepflicht von Nichtversicherten in einen Basistarif der PKV sei für die SPD "nicht mehr verhandelbar". Skeptisch zeigte er sich überdies, ob der Gesundheitsfonds wie geplant 2009 in Kraft treten könne. "Die Probleme bei der Vorbereitung sind so groß, dass das nicht zu schaffen sein wird", sagte Lauterbach, der eine Verschiebung auf 2010 vorschlägt.

Für CSU-Landesgruppenchef Ramsauer steht das In-Kraft-Treten der Reform am 1. April nicht in Frage, wenn die offenen Fragen in den nächsten zwei, drei Wochen geklärt werden. "Ich gehe davon aus, dass sie geklärt werden", sagte Ramsauer der "Mittelbayerischen Zeitung" (Mittwoch). Der CSU-Politiker verteidigte die kritische Position seiner Partei. Selbstverständlich stehe die CSU zu den in der Koalition vereinbarten Eckpunkten. Allerdings sei das, was nun im Gesetz stehe, in einigen wichtigen Punkten etwas anderes, als in den Eckpunkten vereinbart worden sei. Außerdem gebe es momentan noch einen riesigen Zahlensalat über die Auswirkungen der Ausgleichsmechanismen zwischen den gesetzlichen Kassen beziehungsweise den Ländern. "Solange hier keine Klarheit herrscht, ist eine Zustimmung nicht verantwortbar", erklärte Ramsauer.

Bütikofers Appell

Noch in dieser Woche soll das vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebene Gutachten der beiden Sachverständigen Bert Rürup und Eberhard Wille vorgelegt werden. Damit will Ministerin Ulla Schmidt (SPD) die Bedenken mehrerer Länder wegen angeblicher Mehrbelastungen ihrer Krankenkassen in Milliardenhöhe ausräumen.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer kritisierte die Verschiebung des Bundestagsbeschlusses über die Gesundheitsreform als "blamable Entscheidung". Im "Tagesspiegel" verlangte er ein Ende des Vorhabens. "Setzt diese Gesundheitsreform ab, Kollegen, das wird nichts mehr", sagte er.

DPA