Es war nur eine Frage der Zeit, bis nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen sowie Karneval die politischen Spielchen zwischen Union und SPD wieder beginnen würden. Das geht in der großen Koalition nach der Devise: Machst du meinen Plan kaputt, blockiere ich deinen Plan.
Im konkreten Fall macht die SPD gegen das vor allem von der CSU bedingungslos geforderte Betreuungsgeld für die häusliche Erziehung, auch "Herdprämie" genannt, mobil. Die Union wiederum kontert mit der Drohung: Wenn das Betreuungsgeld nicht kommt, sagen wir Nein zum Ausbau der Krippenplätze in den Ländern. Und weil man nun schon mal so deftig über die Familienpolitik beim Zoffen ist, schiebt die SPD gleich noch die Forderung nach Senkung der steuerlichen Kinderfreibeträge nach. Der begünstigt Besserverdiener stärker als das Kindergeld. Dagegen wehrt sich die CDU/CSU, weil damit die Steuerlast der besser situierten Familien erhöht würde.
Mehr Betreuung und mehr Bildung nötig
Es handelt sich bei diesem Gekabbel um eine letztlich sinnlose Veranstaltung profilneurotischer Koalitionäre. Dass die Bundesrepublik um einen massiven Ausbau der Krippen- und Kindergartenplätze sowie der Kinder-Vollbetreuung in der Grundschule nicht herumkommt, wissen alle Familien- und Bildungspolitiker der beiden Parteien. Dieses Ziel mit zusätzlichen Forderungen zu belasten, läuft allenfalls darauf hinaus, es mit Junktims zu beschweren, bis am Ende der kleinste gemeinsame Nenner steht. Und damit wieder mal ein familien- und bildungspolitischer Schuss in den Ofen.
Deutschland braucht beides: Mehr Betreuung und mehr Bildung. Dass zu wenig Bildung am Ende die Betroffenen zu einem Leben in Armut verurteilt, dass die Benachteiligung durch verhinderten Krippenbesuch alle Kinder mit Migrationshintergrund um Lebenschancen betrügt, steht fest. Man kann die entsprechenden wissenschaftlichen Expertisen kaum noch zählen. Was den Kinderfreibetrag betrifft, so veranstaltet die SPD unter Führung ihres niedersächsischen Wahlverlierers Wolfgang Jüttner mal wieder Dummenfang. Das Verfassungsgericht hat mit eindeutiger Rechtssprechung den Freibetrag willkürlichen politischen Zugriffen entzogen. Da kann die SPD noch lange behaupten, dass die Superreichen hier besonders profitierten, obwohl sie gar nicht auf den Steuervorteil angewiesen seien - vor der Verfassung sind nun einmal alle Kinder gleich. Und das ist auch gut so.
Die neue CSU
Bleibt unterm Strich die Forderung der CSU, dass Familien, die ihre Kinder zuhause erziehen wollen, mit einem Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro belohnt werden sollen. Da darf schon die Frage gestellt werden, ob dieses Geld am Ende dem Kind oder dem Bierdurst der Eltern zufließt. Dass Familienministerin von der Leyen diese "Herdprämie" dennoch in ihren Gesetzentwurf zum Krippenausbau gemogelt hat, ist nicht sehr klug. Es dient allerdings dem inneren Frieden der Union. Sagte die CSU definitiv Nein zu einem Gesetzentwurf der Ministerin ohne "Herdprämie", kommt er nicht durch die Unionsfraktion. So sieht es nun einmal der Vertrag zur Bildung einer gemeinsamen Fraktion zwischen CDU und CSU vor.
Natürlich wird die CSU diese Chance zur Erpressung der Schwesterpartei nicht aus der Hand geben. Zumindest nicht vor der Bayernwahl im Herbst. Die will sie will mit neuem sozialen Profil gewinnen, es geht schließlich mal wieder gegen den "Sozialismus." Danach lässt sich die Blockade vielleicht per Kompromiss lösen. Dass durch derartige taktische Spielchen der überfällige Krippenausbau unnötig verzögert wird, sollte der geneigte Unionswähler dabei nicht aus dem Auge verlieren.