Konjunkturpaket Bundestag winkt Konjunkturpaket durch

Der Bundestag hat das Konjunkturpaket der Regierung verabschiedet. Zuvor hatte Kanzlerin Angela Merkel eifrig die Werbetrommel für die Aktion gerührt: Deutschland sei in einer "Vorreiterrolle" bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Sie will aber einen "Wettlauf um Milliarden" nicht mitmachen.

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung gegen die Wirtschaftskrise hat eine weitere Hürde genommen. Der Bundestag billigte am Donnerstag den Maßnahmenkatalog im Umfang von bis zu 12 Milliarden Euro. Die Regierung hofft, mit den Hilfen in den nächsten zwei Jahren Investitionen von 50 Milliarden Euro anzustoßen.

Die Opposition hält das Paket für unzureichend. Widerstand kommt auch von den Bundesländern. Sie wollen sich mit weniger Kosten als bisher geplant beteiligen. Inhalt des Paketes sind unter anderem eine verbesserte Abschreibung für Unternehmen, Steuervorteile für Handwerkerleistungen, der befristete Erlass der Kfz-Steuer und die Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms. Obwohl das erste noch nicht in Kraft getreten ist, streiten Union und SPD bereits um ein zweites Programm.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor für den EU-Gipfel kommende Woche einen harten Kurs für die Beratungen über das Konjunkturprogramm und das Klimapaket angekündigt. "Bei allem Bekenntnis zu den allgemeinen Zielen werden wir unsere eigenen Positionen sehr hart vortragen, damit in Deutschland nicht Arbeitsplätze verloren gehen, sondern gesichert werden", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag.

Das EU-Konjunkturprogramm mit einem Volumen von 200 Milliarden Euro gehe in die richtige Richtung, werde aber nicht in allen Punkten von Deutschland unterstützt, sagte Merkel. Der Vorschlag zur Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf umweltfreundlich produzierte Waren bringe nur mehr Bürokratie. Forderungen nach mehr Anstrengungen Deutschlands zur Konjunkturförderung erteilte die Kanzlerin erneut eine Absage.

Merkel sieht Deutschland im Gegenteil bei der Bekämpfung der Konjunkturkrise in einer Vorreiterrolle in Europa. Sie verwies in ihrer Rede auf das deutsche Konjunkturpaket, das eine Million Arbeitsplätze sichern soll. "Wir gehören damit zu den führenden Ländern Europas, was die Reaktion auf die Wirtschaftskrise angeht", sagte die CDU-Vorsitzende.

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"Unser nationales Maßnahmenpaket kann sich sehr wohl sehen lassen", sagte Merkel. Gleichzeitig rief sie zur Besonnenheit beim weiteren Vorgehen auf. "Wir müssen diesen Verlauf der Krise verfolgen und schnell, adäquat, aber auch sorgsam agieren." Die Bundesregierung werde "den Wettlauf um Milliarden, einfach nur um den Eindruck zu erwecken, man habe etwas getan, nicht mitmachen".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Wichtiger als mehr Geld sei, dass die EU dafür sorge, die vorhandenen Mittel für Investitionen schneller auszugeben. Deutschland werde beim EU-Gipfel am 11./12. Dezember auch darauf dringen, die Beihilferegeln und Regulierungsvorschriften der EU angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen zu lockern. Unabhängig davon halte sich die Bundesregierung jedoch offen, Anfang Januar die wirtschaftliche Lage neu zu beurteilen und gegebenenfalls mit weiteren Maßnahmen zu reagieren.

Westerwelle: Deutschland ist "isoliert"

Für ihre Einschätzung erntete Merkel die Kritik von FDP-Chef Guido Westerwelle. Er nannte die Bewertung der deutschen Konjunkturmaßnahmen durch Merkel eine "interessante Selbsttäuschung" und warf ihr eine "Politik des Abwartens" vor. Die deutschen Reaktionen würden in Italien als "ängstlich und versteinert", in Frankreich als "mutlos und unsichtbar" und in London als "schwindsüchtig" angesehen. "Wir brauchen jetzt nicht Kleinstpakete, die mutlos sind", sagte Westerwelle. Man sollte jetzt in Steuersenkungen investieren, statt später die Arbeitslosigkeit zu finanzieren.

Das Aufschieben einer Steuerreform auf einen Zeitpunkt nach der Bundestagswahl entspringe dem Wahlkampfinteresse der beiden Regierungsparteien. "Sie wollen das Thema Steuersenkungen im Wahlkampf, aber Deutschland braucht es jetzt."

Kein Klimaschutz auf Kosten deutscher Arbeitsplätze

In Sachen Klimaschutz stellte sich Merkel hinter die mittelfristigen Ziele Europas. Allerdings sei Klimaschutz auf Kosten deutscher Industriearbeitsplätze mit der Bundesregierung nicht zu machen, schränkte sie ein. In diesem Zusammenhang verteidigte sie auch den Anfang der Woche auf Druck Deutschlands erreichten Kompromiss bei den Klimaauflagen für Autos. Statt bereits 2012 soll der CO2-Ausstoß für Neuwagen nun erst bis 2015 schrittweise auf 120 Gramm pro Kilometer gesenkt werden.

Bei der ab 2013 geplanten Versteigerung von Zertifikaten für den Ausstoß von Kohlendioxid will die Bundesregierung energieintensive Branchen wie Stahl, Eisen, Chemie, Grundstoffe, Zement und andere schonen. Deutschland als industrieintensivstes Land habe in Europa allerdings nur wenige Verbündete, sagte Merkel.

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