Union und SPD haben sich geeinigt, es gibt keine echten Hilfen für die Autoindustrie. Punkt. Es wird deutlich höhere Prämien für Elektroautos geben, die Förderung des Bundes wird sich bis zu einem Nettolistenpreis des E-Fahrzeugs von bis zu 40.000 Euro auf 6000 Euro erhöhen, so heißt es. Bleibt der Förderbetrag der Industrie so hoch wie bisher, werden diese Fahrzeuge 9000 Euro billiger. Wählt man ein Leasing-Modell, kann ein günstiges E-Auto jahrelang praktisch umsonst gefahren werden.
Danke aus Korea
Doch damit stärkt die Bundesregierung ein Mini-Segment des Automarktes. So wie gemacht, wäre es besser, an der E-Prämie nichts zu ändern. Profitieren werden im wesentlichen Importeure. Prof. Ellen Enkel von der Universität Duisburg-Essen weist zu Recht darauf hin, dass nur ein Viertel der förderfähigen E-Autos deutsche Modelle sind. Berlin hilft damit der französischen und koreanischen Autoindustrie auf die Beine.
Der heimischen Industrie hilft das kaum, denn mehr als 90 Prozent der Fahrzeuge sind Verbrenner und die werden nicht gefördert. Das heißt aber auch, für 90 Prozent der Arbeitsplätze dieser Branche unternimmt der Bund nichts. Das ist hart, denn bei aller Kritik an den Autobauern: Diese Firmen sind vorbildliche Steuerzahler und Arbeitgeber. Sie unterhalten sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, gehören zu den wenigen Branchen, die noch flächig Tarif zahlen und gelten als anerkannte Sozialpartner. Ihre Beiträge haben den Sozialstaat und die Steuerkassen in Berlin jahrzehntelang gefüllt.

Das zählt alles nichts. Sie werden im Regen stehen gelassen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer bringt das Problem auf den Punkt: "Es fehlt der große Schub für die restlichen 90 Prozent, und genau die 90 Prozent bewegen unsere Wirtschaft und unser Sozialprodukt."
Die Branche der Ewiggestrigen
Leider ist die Lage für die Branche aussichtslos. Ihre Lobbyisten, die noch 2009 eine Abwrackprämie durchgesetzt haben, stehen heute vor verschlossenen Türen. Schuld daran sind mehrere Faktoren. An einigen wenigen ist die Branche schuldlos. Etwa, dass die Citybewohner es weltweit nicht mehr hinnehmen, dass die Minderheit der Pkw-Besitzer ihr Städte in ein menschenfeindliches Autobiotop verwandelt.
Die meisten Probleme sind jedoch hausgemacht. Jahrzehntelang galt die Autoindustrie als Speerspitze des technischen Fortschritts, jetzt hat sie das Image der Ewiggestrigen. Und zu Recht. Allzu lange hat man den allgemeinen Bewusstseinswandel, der schon lange vor der Klimadiskussion begann, ignoriert, und munter weiter in PS-Seligkeit gebadet und Rennsport-Erlebnisse im öffentlichen Straßenraum zelebriert.
Wie sehr die Industrie das Gespür für die Stimmung in der Bevölkerung verloren hat, sieht man etwa daran, wie ihre Lobbymacht noch vor wenigen Jahren wirksame Lärmobergrenzen in Brüssel verhindert haben. Die Autoindustrie wurde zum Dinosaurier, oder besser noch zum störrischen Esel, der die Zeichen der Zeit einfach nicht erkennen will.
Nach der Straffreiheit kann es keine Belohnung geben
Das ist aber nicht alles. Die Branche ist selbst schuld daran, dass die Politik ihr nicht helfen kann. Genau genommen: Volkswagen ist schuld. VW ist verantwortlich für den größten Kundenbetrug der Bundesrepublik. Der Dieselskandal hat das Ansehen aller Hersteller ruiniert, die Glaubwürdigkeit von Managern und Technikern auf Dauer beschädigt. Der Verbrenner-Motor im Auto wurde im kollektiven Bewusstsein zum Klimakiller Nummer eins. Tatsächlich stimmt das so nicht. Und es ist natürlich ein Aberwitz, dass der VW Polo eines Pendlers mit Minimotor angeprangert wird, während die Lufthansa mit Milliarden gepampert wird, damit sie weiterhin Billigurlauber mit steuerfreiem Sprit um die Welt kutschieren kann.
Überspitzt formuliert: Das ist die Rache von Angela Merkel für den Dieselskandal. Ihre Politik hat die Hersteller weitgehend vor den juristischen Folgen des Dieselbetrugs bewahrt. Mit dem "Too big to Jail" hat die Politik deutlich Glaubwürdigkeit eingebüßt. Selbst eingefleischte Autofans haben sich über die schützenden Hände über der Autoindustrie lustig gemacht. Doch jetzt kann die Kanzlerin nicht auch noch den Dieselkauf mit 6000 Euro belohnen - das wäre politischer Selbstmord.
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