Ukraine-Krieg Kramp-Karrenbauers bitteres Eingeständnis zu Russland: "Ich bin so wütend auf uns, weil wir historisch versagt haben"

Annegret Kramp-Karrenbauer zum Ukraine-Krieg
Annegret Kramp-Karrenbauer reagiert erschüttert auf den Ukraine-Krieg
© Kay Nietfeld / DPA
War die deutsche Russland-Politik der vergangenen Jahre verfehlt? Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer findet nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs selbstkritische Worte.

Was sich lange angedeutet hatte und doch viele nicht für möglich halten wollten, ist eingetreten: Russland hat die Ukraine angegriffen, es herrscht wieder Krieg in Europa. Der Westen reagierte erschüttert, Staats- und Regierungschefs verurteilten das Vorgehen von Russlands Präsident Wladimir Putin aufs Schärfste. Gleichzeitig stellt sich die Frage, was der Westen und insbesondere Europa der russischen Aggression entgegenzusetzen haben.

Annegret Kramp-Karrenbauer, frühere CDU-Vorsitzende und von 2019 bis 2021 Bundesverteidigungsministerin, geht mit der deutschen Russland-Politik hart ins Gericht. "Ich bin so wütend auf uns, weil wir historisch versagt haben", schreibt die 59-Jährige auf Twitter. Man habe "nach Georgien, Krim und Donbass nichts vorbereitet, was Putin wirklich abgeschreckt hätte".

Krieg in der Ukraine ist nicht die erste russische Aggression

Im Streit um die Kleinrepubliken Südossetien und Abchasien, die sich von Georgien unabhängig erklärt hatten, hatte Russland im Sommer 2008 Luftangriffe auf die georgische Hauptstadt Tiflis geflogen. 2014 annektierte Putin völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim. In dieser Woche schließlich hatte der russische Präsident die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk im Donbass als eigenständige Staaten anerkannt. 

Ukraine-Russland-Krieg: stern-Reporter Andrzej Rybak berichtet aus Kiew
Ukraine-Russland-Krieg: stern-Reporter Andrzej Rybak berichtet aus Kiew
Staus vor Tankstellen, blockierte Ausfahrtsstraßen: stern-Reporter berichtet von seiner Flucht aus Kiew

Währenddessen hatten westliche Politiker wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron oder Bundeskanzler Olaf Scholz in Gesprächen versucht, Putin von einer weiteren Eskalation der Lage abzuhalten. Die westliche Diplomatie erweist sich nunmehr als krachend gescheitert, was auch den Bedeutungsverlust Europas und Deutschlands in der Welt unterstreicht.

Kramp-Karrenbauer mit selbstkritischen Worten

Das muss auch Annegret Kramp-Karrenbauer feststellen: "Wir haben die Lehre von Schmidt und Kohl vergessen, dass Verhandlungen immer den Vorrang haben, aber man militärisch so stark sein muss, dass Nichtverhandeln für die andere Seite keine Option sein kann." Dies ist bei Nato und Bundeswehr offenbar nicht der Fall – zumindest nicht in einem Maße, das Wladimir Putin beeindrucken würde. Kramp-Karrenbauer, die zweieinhalb Jahre lang als Bundesverteidigungsministerin für die deutsche Armee zuständig war, findet damit ungewöhnlich selbstkritische Worte.

Ähnlich äußerte sich auch der Inspekteur des Deutschen Heeres, Generalleutnant Alfons Mais. "Die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da", schrieb er auf LinkedIn. "Die Optionen, die wir der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten können, sind extrem limitiert."