Bund-Länder-Treffen Weniger, dafür bessere Kliniken? Was bei der Krankenhausreform für Streit sorgt

Zur Krankenhausreform: In einem Krankenhaus schieben ein Mann und eine Frau ein Bett mit einer Patientin darin über einen Flur
Bei der Krankenhausreform geht es auch darum, wie man mit weniger ökonomischem Druck eine bessere Versorgung der Patientinnen und Patienten gewährleistet
© Britta Pedersen / DPA
Bund und Länder streiten um eine Krankenhausreform. Was Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) plant und wo die Länder ihm widersprechen: Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Vor Bund-Länder-Gesprächen zur geplanten Krankenhausreform hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sich zuversichtlich gezeigt. "Ich glaube, dass es diesmal klappt", sagte der SPD-Politiker am Montag im Deutschlandfunk. "Wir sind immer aufeinander ein bisschen zugegangen." Er betonte, bestimmte Punkte seien unverhandelbar. Lauterbach verwies etwa darauf, dass es Ländersache sei, wo welche Klinik sich befinde, also ob es in einer Stadt eine, zwei oder drei Kliniken gebe.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hatte am Wochenende auf einen Kompromiss gedrungen, der die Länder nicht entmachtet. Der CSU-Politiker möchte, dass die Länder weiterhin die Planungshoheit über die regionale Krankenhausversorgung behalten.

Bund und Länder kommen im Ringen um eine Neuaufstellung der Krankenhäuser in Deutschland am Montag zu erneuten Beratungen zusammen. Bei dem Treffen in Berlin sollen Lösungen für strittige Punkte gesucht werden, um eine Einigung auf Eckpunkte zu erreichen. Lauterbach hatte zuletzt von mehreren noch bestehenden Problemen mit den Ländern gesprochen. An der Sitzung sollen auch Vertreter der Koalitionsfraktionen teilnehmen. Lauterbach strebt an, über den Sommer einen Gesetzentwurf für die Reform zu erarbeiten. Noch sind wichtige Details offen - die Stoßrichtung der Reform zeichnet sich aber bereits ab:

Welche Veränderungen kommen auf Patientinnen und Patienten zu?

Kernstück der Reform ist eine stärkere medizinische Spezialisierung. Vor allem die kleineren Krankenhäuser sollen künftig weniger Leistungen anbieten und sich auf jene Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen. Patientinnen und Patienten werden künftig also bisweilen längere Wege bis zum nächsten zuständigen Krankenhaus in Kauf nehmen müssen – sollen dafür aber eine bessere Behandlung bekommen. 

Die Kliniken werden dafür in drei Versorgungsstufen eingeteilt. Level eins für die Basisversorgung im Krankenhaus vor Ort – etwa kleinere chirurgische Eingriffe. Level zwei für die Behandlung bestimmter Schwerpunktbereiche. Und Level drei für die Maximalversorgung etwa bei komplizierten Operationen oder schweren Krebserkrankungen. 

Die einzelnen Behandlungsarten sollen bestimmten Leistungsgruppen zugewiesen werden, für die jeweils bundesweit einheitliche Qualitätskriterien definiert werden. Nur wenn sie diese Kriterien erfüllen, sollen sie für die Behandlung bezahlt werden können.

Gute Kliniken – schlechte Kliniken?

Minister Lauterbach wirbt mit einer Transparenzoffensive für seine Reform. Ab 1. Januar 2024 sollen Patientinnen und Patienten mit wenigen Klicks im Internet erfahren können, welche Qualitätsstandards eine Klinik bei bestimmten Behandlungen erfüllt und wo es möglicherweise Mängel gibt. Darin sollen Daten einfließen wie die Komplikationsraten, die Facharztdichte und die Pflegepersonalausstattung einer Klinik. 

Die Länder halten allerdings dagegen, dies könne sich "rufschädigend" auf die Kliniken auswirken. Der Bund widerspricht mit dem Argument, dass es ja ohnehin Ziel der Reform sei, dass Kliniken sich auf jene Behandlungen beschränken, bei denen sie gute Leistungen nachweisen können.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Worüber ärgern sich die Länder?

Die Länder wehren sich dagegen, dass der Bund mit der Reform zu großen Einfluss auf die Krankenhausplanung nimmt. Diese ist traditionell Sache der Länder: Sie treffen bislang die Entscheidungen zu Standort, Fachrichtungen, Versorgungsstufe und Bettenzahl der Krankenhäuser

Die Länder kritisieren, dass der Bund hier über die Reform mit der Einteilung in Krankenhaus-Levels und Leistungsstufen in ihre eigenen Befugnisse eingreift. Sie wollen bei der Einteilung mitreden – zumal die Entscheidung über eine Beschränkung von Klinik-Angeboten oder gar Klinikschließungen politisch brisant sind, weil sie in betroffenen Regionen für beträchtlichen Ärger sorgen können.

Welche Rolle spielt das Geld bei der Krankenhausreform?

Eine "Ent-Ökonomisierung" des Krankenhauswesens soll die Reform bringen, sagt Minister Lauterbach. Über das neue Finanzierungsmodell sind sich Bund und Länder bereits einig. Die bisherige Vergütung über Fallpauschalen soll eingeschränkt werden, weil sie erhebliche Fehlanreize setzt: Sie kann dazu führen, dass Kliniken Behandlungen ausführen, die medizinisch gar nicht erforderlich sind – nur um diese dann finanziell abrechnen zu können. 

Weiterer Nachteil der Fallpauschalen: In Gebieten mit sinkender Bevölkerung sinkt auch die Zahl der Behandlungsfälle – den Kliniken bricht die Einnahmequelle weg. Die Lösung: Künftig sollen die Kliniken vor allem dafür bezahlt werden, dass sie bestimmte Leistungen anbieten. Dafür erhalten sie eine so genannte "Vorhaltepauschale", die 60 Prozent ihrer Kosten decken soll. Die übrigen 40 Prozent sollen wie bislang über die Fallpauschale kommen.

Werden Kliniken schließen?

Die Antwort lautet Ja – ganz egal, wie die Details der Bund-Länder-Einigung am Ende aussehen werden. Für die aktuell 1719 Krankenhäuser gebe es bereits jetzt nicht genug Personal, viele Kliniken schrieben rote Zahlen, argumentiert Minister Lauterbach. Mit seiner Reform will er das erwartete Kliniksterben begrenzen: "Wenn es am Ende 20 Prozent Krankenhäuser weniger gibt, diese aber bessere Versorgung bieten, dann ist das aus meiner Sicht richtig."

AFP · DPA
tkr