Bei den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen treten die Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) zwar nicht gegeneinander an. Gleichwohl liefern sich die beiden Kronprinzen ein Fernduell. Am kommenden Sonntag (26. Januar) werden sie sich in der ARD bei Sabine Christiansen zum rhetorischen Nahkampf treffen.
Auch auf Distanz hat Gabriel Koch fest im Visier. Der Hesse ist zur festen Größe in den Wahlkampfreden des Niedersachsen geworden. Gabriel wirft der CDU vor, einen reinen Anti-Rot-Grün-Wahlkampf mit dem Ziel zu führen, eine «Blockademehrheit» im Bundesrat zu erringen. «Mit der Blockademehrheit will die CDU versuchen, Herrn Koch den Weg ins Kanzleramt zu ebnen.» Der sei ein «Mehrfachtäter», sagt Gabriel mit Blick auf Kochs Rolle in der CDU-Spendenaffäre oder beim Thema Zuwanderung. «Der ist der Letzte, den wir im Kanzleramt brauchen.»
"Mitleid" für Gabriel
Koch hält es bislang nicht für notwendig, öffentlich auf Gabriels Attacken zu reagieren. In seinen Wahlkampfreden zielt er weit über die Köpfe seiner Länderkollegen hinweg - lieber misst er sich gleich an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Auf Gabriel angesprochen, äußert Koch schon fast Mitleid, da Schröder seinen Parteifreund im Stich lasse. «Schröders Umgang mit seinen Genossen, das ist schon stark.» Aber der Niedersachse habe mit unbedachten Vorschlägen auch selbst Fehler gemacht: «Gabriel gefällt sich zu sehr in seinen Luftballons.»
Koch kann dem 2. Februar gelassen entgegen sehen. Ihm sagen die Umfragen einen Sieg voraus. Er wäre damit der erste Christdemokrat, der im einstigen SPD-Stammland Hessen die Macht - derzeit noch an der Seite der FDP - verteidigen kann. In den jüngsten Prognosen liegt die CDU bei 48 und die SPD bei 31 Prozent. Die Grünen stehen bei 11 und die FDP bei 7 Prozent. Anders Gabriel: In Niedersachsen droht der SPD nach 13 Jahren an der Macht ein Debakel. Die Umfragen sehen sie von 47,9 Prozent bei der Wahl 1998 auf 37 Prozent abstürzen und die CDU von 35,9 auf 46 Prozent hoch schießen. Die Grünen liegen bei 8 bis 9 und die FDP bei 5 bis 6 Prozent. Damit hieße der nächste Regierungschef Christian Wulff (CDU).
Gabriel wie Koch verbergen kaum, dass sie sich zu Höherem berufen fühlen. Doch beide wissen, dass sie nur bei einem Sieg am 2. Februar eine Chance haben, ihre bundespolitischen Ambitionen zu realisieren. Dann gilt Koch als heißer Anwärter auf die Unions-Kanzlerkandidatur 2006. Offiziell wiegelt er zwar ab: «Ich bewerbe mich für das Amt des Ministerpräsidenten - und zwar für fünf Jahre.» Es gilt jedoch als offenes Geheimnis, dass der 44-jährige Jurist auch Berlin im Visier hat.

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Auf Schröders Spuren
Gabriel hat bereits für den stellvertretenden Parteivorsitz und den Vorsitz der SPD-Programmkommission offen seinen Hut in den Ring geworfen. Immer wieder einmal wird dem 43 Jahre alten Pädagogen nachgesagt, Schröder später auch als Kanzler beerben zu wollen. Mit Lobeshymnen auf Gabriel - «er gehört zu den Besten der SPD in seiner Altersklasse» - hat Schröder solche Gerüchte selbst genährt. Spekulationen, er könne auch bei einem Debakel am 2. Februar nach Berlin gehen und etwa Bundesfinanzminister werden, hält Gabriel entgegen: «Wenn man jeden abgehalfterten Politiker, der eine Wahl verloren hat, ins Kabinett holt, ist das vielleicht keine gute Idee.»
Doch auch bei einem Scheitern Gabriels könnte sich die niedersächsisch-hessische Rivalität fortsetzen. Denn mit einem strahlenden Wahlsieger Wulff würde Koch CDU-intern ein neuer Konkurrent erwachsen.