Die evangelische Theologin Margot Käßmann hat zu Ostern gemacht, was Theologen so machen. Sie hat gepredigt, an Jesus erinnert und zur Friedfertigkeit gemahnt.
So weit, so gut. Und so vorhersehbar.
Darüber hinaus hat die charismatische Theologin aber auch die aktuelle Terrorgefahr ins Gebet eingeschlossen. Ihr gewagter Vorschlag: Den IS mit den Methoden der Bergpredigt schlagen. "Jesus hat eine Herausforderung hinterlassen: Liebet eure Feinde! Betet für die, die euch verfolgen!", schrieb Käßmann in der "Bild am Sonntag". "Für Terroristen, die meinen, dass Menschen im Namen Gottes töten dürfen, ist das die größte Provokation. Wir sollten versuchen, den Terroristen mit Beten und Liebe zu begegnen."
Risikolose Forderung
Natürlich ist Käßmann schlau genug, um zu erkennen, dass diese Love-statt-Bomben-Strategie nicht nur Beifall finden wird. "Ja, eine solche Haltung wird belacht und sie wird auch viele Menschen überfordern. Weil es der menschliche Instinkt ist, Rache zu üben. Aber auf den Hass nicht mit Hass zu antworten, das ist die Herausforderung." Dazu fantasiert sie, dass selbst Hitler besiegt worden wäre, wenn sich die Christen ihm entgegengestellt hätten.
So eine Haltung kann man sich nur leisten, wenn man in aller Ruhe in einem gepflegten Heim am Schreibtisch sitzt. Und dort die minimale Gefahr eines Terroranschlages abwägt. Denn die ist auch nach Brüssel und Paris in Westeuropa gering. Menschen wie Käßmann dürfte weit mehr Gefahr beim Wechseln der Glühbirnen drohen. Also: keine Panik für Margot.
Aber: Das gilt nur für unsere kleine, sichere Wohlstandsinsel. In Pakistan auf dem Kinderspielplatz sah das schon ganz anders aus. Anders stellte sich die Gefahr auch für den frommen Kioskbesitzer Asad Shah dar. Nur weil er seinen christlichen Mitmenschen ein frohes Ostern wünschte, wurde er bestialisch ermordet.
Den Terror stoppen
Zu Ostern sahen wir Bilder von der Herrschaft des IS in Palmyra. Auf der zentralen Kreuzung stehen immer noch die Käfige, in denen die Terroristen die Frauen gefangen hielten. In den Büros liegen die Verträge, mit denen sie die Unglücklichen in die Sklaverei verkauft haben. Auf ihren Handys zeigen Fotos, wie sie hilflose Frauen in der Stadt zusammengetrieben haben.
Und genau diese Terroristen will Frau Käßmann mit ganz viel Liebe besiegen. Aber natürlich nicht in Rakka oder Mossul, sondern vom heimischen Schreibtisch aus.
Nein, Frau Käßmann, wenn man diese Bilder sieht, wirkt Ihre Predigt nicht mehr naiv, sie ist ein ganz böser Hohn.