In Lützeraths Nachbarort Keyenberg begann am Samstag eine Kundgebung unter dem Motto "Räumung verhindern! Für Klimagerechtigkeit". Die Polizei sprach von mehreren tausend Teilnehmern – trotz strömenden Regens. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach sagte, die Demonstration werde zu einer Herausforderung für die Einsatzkräfte. Er warnte vor Versuchen, in das mittlerweile abgesperrte Lützerath oder in den Tagebau Garzweiler II einzudringen.
Polizei setzt Wasserwerfer gegen Demonstranten ein
Am Nachmittag drängte die Polizei Klima-Demonstranten gewaltsam zurück, die versuchten, bis zur Kante des Braunkohletagebaus vorzudringen. Das bestätigte ein Polizeisprecher. Über Verletzte oder Festnahmen könne er noch nichts sagen, da der Einsatz andauere. Bis zur Tagebaukante zu laufen, sei lebensgefährlich, weil der Boden durch Dauerregen aufgeweicht sei und Erdrutsche drohten.
Der Polizeisprecher sagte, dass gewaltbereite Demonstranten auch Streifenwagen der Polizei attackiert und Pyrotechnik in Richtung der Beamten geworfen hätten. Im Anschluss setzte die Polizei kurz vor dem abgeriegelten Dorf Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein. Das beobachtete eine dpa-Reporterin am Samstag. Hunderte Demonstranten standen der Polizei vor Lützerath gegenüber. Aus ihren Reihen erklang immer wieder der Ruf "Auf nach Lützerath! Auf nach Lützerath!" Zuvor waren die Klima-Demonstranten bei einer Kundgebung mit Tausenden Teilnehmern von einem Sprecher auf dem Podium aufgefordert worden, bis nach Lützerath vorzudringen.
Greta Thunberg: "Es sieht wirklich aus wie Mordor"
Auch die weltbekannte schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg nahm an der Demonstration teil. Die 20-Jährige schoss nicht nur gegen den für den Abriss verantwortlichen Energiekonzern RWE, sondern kritisierte auch die Grünen. Thunberg sagte, sie kenne Lützerath von einem früheren Besuch, doch da habe es noch völlig anders ausgesehen. "Es ist jetzt ein ganz anderer Ort." Zu der Kraterlandschaft des unmittelbar angrenzenden rheinischen Braunkohlereviers sagte sie: "Es sieht wirklich aus wie Mordor. Es zeigt, wozu Menschen unter den falschen Bedingungen fähig sind. Es zeigt, wogegen wir kämpfen, was wir verhindern wollen." In J.R.R. Tolkiens Roman "Herr der Ringe" ist Mordor das Reich des Bösen.
Thunberg hatte bereits am Freitag Lützerath besucht und dabei "Polizeigewalt" angeprangert. Polizeipräsident Weinspach hatte die Kritik vehement zurückgewiesen. Die Polizei sei, im Gegenteil, mit äußerster Vorsicht vorgegangen, sagte er.
Polizei räumt seit Mittwoch das von Aktivisten besetzte Lützerath
Die Polizei räumt seit Mittwoch das von Klimaaktivisten besetzte Lützerath, um RWE die Möglichkeit zu geben, es abzureißen und die darunter liegende Kohle abzubaggern. Führende grüne Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seine NRW-Kollegin Mona Neubaur stehen hinter dieser Entscheidung. Sie sagen, dass die Kohle zur Aufrechterhaltung der Energiesicherheit benötigt werde. Der Abriss von Lützerath sei Teil eines Kompromisses, der auf der anderen Seite einen um acht Jahre vorgezogenen Kohleausstieg vorsehe.