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Machtkampf in der Jungen Union Der Unbekannte gegen den Selbstvermarkter

Mißfelder tritt ab, die Junge Union wählt einen neuen Chef. Erstmals gibt es eine Kampfabstimmung zwischen zwei Kandidaten - einer hat indes bessere Chancen.
Von Maren Christoffer

Beharrungsvermögen hat er. Ganze zwölf Jahre führte Philipp Mißfelder die Junge Union (JU), die Nachwuchsorganisation von CDU und CSU. Nun muss er aufhören, weil er die Altersgrenze erreicht. Seine Bilanz ist durchaus selbstkritisch: "Mein Ziel, die JU zur bürgerlichen Avantgarde zu machen, war eine Vision, die nicht Realität wurde", sagt Mißfelder. Andererseits hält er sich zugute, dass er die Zahl der Mitglieder halbwegs stabil gehalten hat. Aktuell sind es 117.000. Zum Vergleich: Bei den Jusos, der Jugendorganisation der SPD, machen 70.000 mit.

Am Freitag, beim "Deutschlandtag" im bayrischen Inzell werden die Delegierten nun einen Nachfolger Mißfelders wählen. Die beiden Kandidaten, Paul Ziemiak, 29, und Benedict Pöttering, 31, könnten unterschiedlicher nicht sein.

Der Betriebswirt Benedict Pöttering, Sohn des ehemaligen Präsidenten des EU-Parlaments und Vorsitzenden der Konrad Adenauer Stiftung Hans-Gert Pöttering, war bereits zwei Jahre lang im Bundesvorstand der Jugendorganisation. Er wird als Wunschkandidat Mißfelders gehandelt. Sein Auftreten ist selbstbewusst, mitunter wirkt er fast arrogant. Der Niedersachse stellt sich gern in den Mittelpunkt, was auch im Wahlkampf um das Amt des JU-Chefs deutlich zu spüren war. Pöttering fütterte ununterbrochen die Selbstvermarktungsmaschine und äußerte sich in den Medien zu diversen Themen.

Prognose: knappes Ergebnis

Paul Ziemiak hingegen ist ein ruhiger Zeitgenosse aus Iserlohn im Sauerland. Im ersten Augenblick scheint er unauffällig, bis er zu reden beginnt. Dann packt ihn seine Leidenschaft für die Politik. Den Medien gegenüber gab sich der 29-Jährige reserviert. Erst zum Ende des Wahlkampfs gab er die ersten Interviews. "Für mich war und ist es wichtig zunächst mit den Menschen innerhalb der JU und nicht als erstes mit den Medien zu sprechen. Dieses Selbstbewusstsein sollte auch ein zukünftiger Bundesvorsitzender haben", sagt er dem stern.

Die JU-Spitze prognostiziert ein knappes Ergebnis zwischen den beiden Kandidaten. Eine Abfrage des stern bei allen 18 Landesverbänden stützt diese Aussage - wobei Ziemiak leichte Vorteile zu haben scheint.

Positionen: nah beieinander

Inhaltlich lässt sich die Kampfkandidatur kaum begründen, zu eng liegen die Positionen Ziemiaks und Pötterings beieinander. Beide wollen die Belange ihrer Generation in die Mutterparteien tragen, beide wollen sich auch an den Vorsitzenden Angela Merkel und Horst Seehofer reiben. Zimiak gilt als etwas konservativer und beschäftigt sich mit Familienpolitik, Pötterings Lieblingsthema ist die Außenpolitik. Mißfelder hatte die JU eher konservativ und marktliberal zugeschnitten, um sich gegen die Sozialdemokratisierung der Union abzugrenzen.

Offenkundig unterscheiden sich die Kandidaten viel mehr nur im persönlichen Auftritt - und der Genese ihrer Kandidatur. Pöttering, der Mann des JU-Establishments, ging seinen Freunden mit seiner Medienpräsenz auf die Nerven. Anfang September veröffentlichte "Spiegel Online" interne E-Mails des Bundesvorstands, in denen sich Mitglieder des JU-Vorstands darüber beschweren. Pöttering konterte, es sei für ihn keine Alternative, nicht mit den Medien zu sprechen - eine Spitze gegen seinen Kontrahenten Ziemiak. "Ich sehe das Medieninteresse positiv. Für uns als Junge Union ist es wichtig, auch in den Medien unsere Themen und Vorstellungen klar zu äußern", rechtfertigte sich Pöttering im Gespräch mit stern. "Es reicht", hieß es dagegen in JU-Kreisen.

Konflikt: kann auch helfen

Im Wahlkampf sind beide Kandidaten durch Deutschland gereist und haben sich in den Landesverbänden und bei der Basis vorgestellt - oft auch gemeinsam. Benedict Pöttering bemängelt im Gespräch jedoch, dass er sich nicht in allen Landesverbänden habe präsentieren können. "Das stimmt nicht", kontert Kontrahent Zimiak auf Nachfrage. Pöttering, hat sich erst im Mai bei der Basis beworben. "Mir war wichtig, dass der interne Wahlkampf nicht in die Kommunal- und Europawahlen fallen. Ich hätte ich es nicht gut gefunden, wenn unsere Leute mit Personaldiskussionen beschäftigt gewesen wären anstatt Wahlkampf zu machen."

Die inoffizielle Kandidatur hat aber schon viel früher begonnen: "Benedict hat schon beim Deutschlandtag im vergangenen Jahr Werbung für sich gemacht. Er wollte Bundesvorsitzender werden", kritisiert Zimiak. Auch andere hatten diesen Eindruck und haben deshalb schon Anfang 2014 Pauk Zimiak nominiert. Hat der Konflikt zwischen beiden Lagern das Potential, die Jugendorganisation langfristig spalten? "Nein", sagt Thorben Winter, Dozent für politische Systeme an der BiTS Hochschule in Iserlohn. "So ein Wahlkampf kann aktivierend sein - lebendig. Ich denke eher, dass es der Organisation gut tut."

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