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Freistaat Bayern Markus Söder und die einrichtungsbezogene Impfpflicht: eine Rechtsordnung wie im Swingerclub

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, eröffnet eine Kabinettssitzung im Videoraum der Staatskanzlei
Markus Söder: Ministerpräsident (oder besser: Regent) des Freistaats Bayern
© Matthias Balk / DPA
Mit ihrer Weigerung, die einrichtungsbezogene Impfpflicht umzusetzen, schaden Markus Söder und die Union dem Rechtsstaat. Da stellt sich die Frage: Gilt das Grundgesetz auch in Bayern?

Es ist die Frage der Woche: Gilt das Grundgesetz auch in Bayern? Moment, schauen wir in die Urfassung vom 23. Mai 1949: "Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern …" Auch in der Präambel der aktuellen Version heißt es: "Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk" – welches da wohnt in den Weiten zwischen Wesel und Görlitz, Kiel und: Berchtesgaden.

Markus Söder wechselt vom Team "Vorsicht" ins Team "So nicht!"

Ahnungslose Nordlichter könnten dem verwegenen Gedanken verfallen, dass somit alle Bundesgesetze automatisch auch in Bayern angewandt würden. Aber das Bundesland heißt schließlich nicht umsonst Freistaat. Und sein Regent Markus Söder. Der einstige Kapitän im Team "Vorsicht" spielte nach Transfer kurzzeitig im Team "Augenmaß", läuft nun aber auf für Team "So nicht!". Söder jedenfalls gibt den Querdenker und hat angekündigt, die eigentlich ab Mitte März bundesweit geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern nicht umzusetzen.

Dass Söder noch im November per Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz eine solche Impfpflicht gefordert hat? Egal. Dass im Dezember 36 von 38 CSU-Bundestagsabgeordneten dem Gesetz zugestimmt haben? Gleich. Und dass Söders Staatsregierung im Bundesrat ebenfalls "Ja" gesagt hat? Also bitte!

So viel Rücksicht auf Lokalkolorit soll also sein. Könnte allerdings Schule machen: NRW schafft dann womöglich die Gurtpflicht ab. Das Saarland erlaubt Inzest, Sachsen führt den Thaler ein und Niedersachsen das imperiale Maßsystem: 226,8 Meilen lägen fortan zwischen Emden und Goslar. Darauf ein Pint oder eben 568,26128524935 Milliliter! Funktioniert das deutsche Rechtssystem zukünftig nach dem Motto schummriger Swingerclubs: Alles kann, nichts muss?

Ein schlechtes Omen für eine allgemeine Impfpflicht?

Reale Auswirkungen hat Söders Vorstoß jedenfalls bereits: Inzwischen scheint sich die komplette Schwesterpartei CDU – formerly known as Rechtsstaatspartei – nicht mehr so komplett an das eben beschlossene Gesetz halten zu wollen. Ein Unionsgeführtes Bundesland nach dem nächsten meldet nunmehr Bedenken an. Ob nicht-geimpfte Pflegekräfte nicht weniger schlimm seien als nicht-vorhandene. Ob Impfunwillige weiter Lohn erhalten. Wer kontrolliert, wie oft, womit und warum. Alles berechtigte Fragen. Fragen, die geklärt werden müssen – idealerweise bevor man das Gesetz beschließt, nicht erst danach.

Kein gutes Omen für die allgemeinen Impfpflicht, die in der kommenden Woche in erster Lesung im Bundestag beraten soll. Ist sie schon tot, bevor sie überhaupt beschlossen wurde?

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