Parteiprogramme SPD und Union auf Selbstfindungskurs

Wohin geht die SPD und wohin die CDU? Beide Parteien arbeiten relativ geräuschlos in der großen Koalition zusammen, nun wollen sie in einer Grundsatzdebatte Richtlinien für ihre Zukunft diskutieren - und es wird wieder Wert auf Unterschiede gelegt.

Nach 17 Jahren verordnet sich die SPD ein neues Parteiprogramm und startet in die Schlussphase der Debatte. Im Herbst 2007 soll das Grundsatzpapier beschlossen werden. Der designierte Parteichef Kurt Beck will am Montagabend in Berlin Orientierungspunkte für die Diskussion vorstellen.

Parteivorstand und Parteirat wollen zuvor in einer gemeinsamen Sitzung so genannte Leitsätze beschließen. Dem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden, 20-seitigen Papier zufolge will die SPD das neue Leitbild eines vorsorgenden Sozialstaates in den Mittelpunkt ihrer Diskussion stellen.

Kernelemente sollen auch die europäische Dimension der Globalisierung und die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft sein. In den Leitsätzen bezeichnen sich die Sozialdemokraten als linke Volkspartei und als Partei der solidarischen Mitte.

SPD löst 17 Jahre altes Programm ab

Das neue Grundsatzprogramm soll das Berliner Programm von 1989 ablösen, Anfang 2007 als Entwurf vorliegen und auf dem SPD-Parteitag im Herbst desselben Jahres verabschiedet werden. Die Arbeiten daran laufen seit Jahren.

Auch die CDU-Führung will sich ein neues Profil verpassen und die Programmdebatte voranbringen. Dazu soll am Montagnachmittag eine Kommission eingesetzt werden. Der hessische Unions-Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat seine Partei aufgefordert, sich mit der Debatte um das neue Grundsatzprogramm der Christdemokraten vom Koalitionspartner SPD abzugrenzen.

Die CDU solle deutlich machen, dass sie "ohne die SPD die notwendige Sanierung der Bundesrepublik schneller und grundlegender angehen würde", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (SZ). Die Politik "der vielen kleinen Schritte" der Bundesregierung gehe zwar in die richtige Richtung, sei aber letztlich eine Konzession an die SPD, so Koch.

Die Debatte um das neue Programm diene dieser Konturierung nach außen sowie der gemeinsamen Rückversicherung über die Grundsätze nach innen. Koch erwartet laut "SZ" eine intensive und auch kontroverse Debatte zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberflügel der CDU. Es sei wichtig, dass "Meinungsunterschiede auf den Tisch gelegt und nicht zugekleistert werden". Auf die Kritik des CDU-Arbeitnehmerflügels am Motto "Neue Gerechtigkeit durch mehr Freiheit" erwiderte Koch: "Zur Freiheit gehört, dass es gerecht zugeht."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die CDU-Führung will die Programmdebatte forcieren und setzt dazu am Montag eine Kommission ein. Auf einem Parteitag im November in Dresden soll ein Zwischenbericht vorliegen, ein Jahr darauf soll das neue Programm beschlossen werden. Vor allem in der Familienpolitik und in den Bereichen Sozialsysteme, Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Zuwanderung soll das bisherige Grundsatzprogramm aus dem Jahr 1994 neu gefasst werden. In die Beratungen soll auch die Basis bei Regionalkonferenzen einbezogen werden.

DPA · Reuters
DPA/Reuters