Reaktion Bundestag hofft auf schnelles Ende des Golfkriegs

Die Bundesregierung ist wegen des Einsatzes möglicher Massenvernichtungswaffen besorgt. Überall in Deutschland wurden die Sicherheitsmaßnahmen erhöht.

Der US-Angriff auf Irak hat Deutschland erschüttert. Die Bundesregierung äußerte am Donnerstag Sorge und Kritik an den USA. Gleichzeitig wurden überall im Land die Sicherheitsvorkehrungen erhöht und die Kontrollen im Luftverkehr verschärft.

Alle Parteien hoffen auf schnelles Ende

Alle im Bundestag vertretenen Parteien hoffen auf ein schnelles Ende des Golfkriegs. Außenminister Joschka Fischer sagte, auf keinen Fall dürfe es zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen oder einem Angriff auf Israel kommen. Der Vizechef der Unionsfraktion Wolfgang Schäuble erklärte, ein "demütiges Scheitern der USA" wäre ein noch größeres Risiko für die Welt gewesen als ein Krieg ohne UN-Mandat.

"Krieg schlechteste aller Lösungen"

Fischer nannte den Angriff auf Irak "eine bittere Nachricht, denn Krieg ist die schlechteste aller Lösungen". Der Grünen-Politiker kritisierte, die friedliche Konfliktlösung über Abrüstungsinspektionen sei nicht ausgeschöpft worden. Der Militäraufmarsch der Amerikaner am Golf sei von Anfang an mehr als eine Drohkulisse gewesen.

Keine gegenseitigen Vorwürfe

Im Bundestag verzichteten Redner aller Fraktionen zum ersten Mal auf gegenseitige Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Irak-Konflikt. Parlamentspräsident Wolfgang Thierse äußerte die Hoffnung, dass es nicht zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen komme und der Krieg schnell beendet werde. SPD, Grüne und FDP kritisierten den Alleingang der USA. Die Vorsitzende der Unionsfraktion, Angela Merkel, betonte: "So schwer es im Augenblick vorstellbar sein mag, so sehr hoffen wir doch, dass es nach diesem Krieg zu mehr Frieden und Sicherheit in der Region kommen kann." CSU-Chef Edmund Stoiber äußerte in München - bei allem Bedauern über den Kriegsausbruch - Verständnis für das Vorgehen der amerikanischen Regierung.

PDS forderte Anzeige in Den Haag

Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sagte, man sei in Gedanken auch bei der Bevölkerung der USA: "Die Freundschaft unserer Völker steht nicht in Frage." FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt betonte, ein Krieg ohne UN-Mandat, wie ihn die USA jetzt austrage, "kann auch die Billigung der FDP nicht finden". Dass es die Militäraktion gebe, liege auch an der mangelnden europäischen Einigung. Dies dürfe sich in Zukunft nicht wiederholen. Die PDS-Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau forderten Bundeskanzler Gerhard Schröder auf, beim internationalen Gerichtshof in Den Haag Anzeige gegen US-Präsident George W. Bush zu erstatten - "wegen der Herbeiführung eines völkerrechtswidrigen Kriegs".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Schäuble: Verständnis für die USA

Schäuble forderte mehr Verständnis für die USA, auch wenn man wegen des Irak-Kriegs geteilter Meinung sein könne. Aber man sei auf Amerika auch in Zukunft alternativlos angewiesen. Die osteuropäischen Nachbarn, vor die Alternative EU oder USA gestellt, würden sich für die Vereinigten Staaten entscheiden. Wer dies nicht berücksichtige, könne "nicht einmal den Eisernen Vorhang überwinden".

Drei Verlierer: UNO, NATO und EU

Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler kritisierte: "Jetzt werden Legenden gestrickt - und diese Legenden sind gefährlich." Dazu gehöre Bushs Aussage, die Vereinten Nationen seien im Irak-Konflikt gescheitert. Der FDP-Abgeordnete Werner Hoyer sagte, Erfolge bei der Abrüstung des Iraks seien nur wegen der militärischen Drohkulisse möglich gewesen. Neben den Toten und Verwundeten des Irak-Kriegs stünden heute schon drei Verlierer fest: UNO, NATO und EU.

Rasche humanitäre Hilfe gefordert

Alle Fraktionen plädierten für rasche humanitäre Hilfe für die irakische Bevölkerung. Die Grünen-Abgeordnete Antje Hermenau sagte, dafür stünden insgesamt mehr als 150 Millionen Euro zur Verfügung. Allein die Summe im Außenamt solle von 40 auf 80 Millionen aufgestockt werden, kündigte Erler an.

Ölversorgung gesichert

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement warnte im Bundestag vor unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen des Kriegs. Deutschland und seine Partnerstaaten müssten auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Der Waffengang könne die Konjunkturschwäche weiter verschärfen. Der Politiker sagte aber zur Beruhigung der Verbraucher, dass die Ölversorgung gesichert sei.

Kirchen verurteilten den Golfkrieg

Auch die großen christlichen Kirchen verurteilten den Golfkrieg scharf und riefen zu Gottesdiensten und Friedensgebeten auf. Krieg sei "immer eine Niederlage der Menschheit", hieß es in einer Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz, des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK).