Rechtsextreme Parteien Braune Hochzeit

Eigentlich sind sich Udo Voigt und Gerhard Frey spinnefeind, und doch wollen die Vorsitzenden von NPD und DVU zusammenarbeiten. Die "Volksfront von rechts" könnte zum Sammelbecken militanter Neonazis werden.

Wenn es um rechtsextreme Parteien in Deutschland geht, ist das Ausland hellhörig. Die beunruhigende Nachricht vom Wahlerfolg der NPD in Sachsen ging im September um die halbe Welt. Erstmals seit 1968 hatte es die Partei geschafft, wieder in ein Landesparlament einzuziehen. Das Kalkül der Parteiführung war aufgegangen: Eine Wahlabsprache mit der DVU des Münchner Verlegers Gerhard Frey und langes Werben bei den so genannten Kameradschaften parteiunabhängiger Neonazis hatten der NPD im Freistaat einen Stimmenanteil von 9,2 Prozent gesichert.

Bundesparteitag am Wochenende

An diesem Wochenende dürften ausländische Beobachter der deutschen Politik ihr Augenmerk auf Leinefelde in Thüringen richten. Dort will NPD-Chef Udo Voigt auf einem zweitägigen Bundesparteitag nun die persönliche "Ernte" seines Kurses einfahren: Eine triumphale Bestätigung als Vorsitzender. Damit wäre auch sein Ziel einer "Volksfront von rechts" gebilligt.

Schon vor Monaten hatte die NPD-Führung einen neuerlichen Anlauf unternommen, das zersplitterte und teilweise verfeindete rechtsextreme Lager zu einigen. Dazu gehört auch, dass sich die Parteispitze militanten Neonazis öffnen will. In dem am 19. September veröffentlichten Papier des Parteipräsidiums unter dem Titel "Volksfront statt Gruppenegoismus" übt die NPD "Selbstkritik", indem sie "zu stark am Parlamentarismus orientiert" gewesen sei. Die NPD-Führung habe die Zeichen der Zeit aber erkannt und bekenne sich zur "Gesamtbewegung des nationalen Widerstandes". Dazu gehöre auch die Notwendigkeit, "die Vorgehensweise, die politischen Ansichten und die Organisationen aller in der nationalen Opposition befindlichen Parteien und Aktionsformen zunächst einmal grundsätzlich als Bereicherung im Kampf für unser Volk zu betrachten".

In Leinefelde werden in Thomas Wulff, Thorsten Heise und Ralph Tegethoff erstmals drei einflussreiche Führungsfiguren aus der parteiunabhängigen Rechtsextremistenszene für den Bundesvorstand kandidieren. Das Trio war erst im September der NPD beigetreten. Damit könnten nach Angaben aus Sicherheitsbehörden an die 170 "Kameradschaften" mit rund 3000 braunen Aktivisten an die mehr als 5000 Mitglieder zählende NPD heranrücken.

Gewalttätige Ausschreitungen von NPD-Anhängern erwarten Verfassungsschützer freilich auch künftig nicht. Veranstaltungen der Partei auf der Straße seien in der Vergangenheit stets diszipliniert und friedlich verlaufen, sagt etwa der Abteilungsleiter für Rechts- und Linksextremismus im sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz, Olaf Vahrenhold. "Wir erwarten nicht, dass sich dies ändert."

Wahlbündnis "tatsächlich etwas Neues"

Zur "Volksfront von rechts" gehört in den Augen der NPD-Strategen auch das Wahlbündnis mit der DVU, das Vahrenhold für "tatsächlich etwas Neues" in der braunen Szene hält. Erst vor zwei Wochen hatten sich Frey und Voigt verständigt, dass die DVU im Februar 2005 bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein der NPD das Feld überlässt. Nach ähnlichen Absprachen hatten im September die NPD in Sachsen und die DVU in Brandenburg klar den Einzug in die Parlamente von Dresden und Potsdam geschafft.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Auf dem Parteitag wollen Voigt und seine Entourage ihren Gesinnungsfreunden nun erläutern, wie sie sich das Bündnis in Zukunft vorstellen. Bisher war von einer gemeinsamen Liste für die Bundestagswahl 2006 die Rede. Doch wie das funktionieren soll, blieb im Vagen. Laut Wahlrecht könnte eine solche Liste nur unter dem Dach einer einzigen Partei geführt werden.

Gern gesehen ist die NPD im Thüringer Eichsfeld nicht. Die Stadt Leinefelde wäre den unerwünschten Mieter der Veranstaltungshalle gern losgeworden, und dies nicht nur, weil es Gegendemonstrationen und Krawalle geben könnte. Doch das Weimarer Oberverwaltungsgericht hatte vor dem Parteitag entschieden, Leinefelde sei aus "verfassungsrechtlich zwingendem Grund der Gleichbehandlung der Parteien" verpflichtet, der NPD die Halle zur Verfügung zu stellen.

"Die Polizei kommt automatisch"

Polizeischutz haben die Rechtsextremen für das Wochenende nicht extra beantragt. "Die Polizei kommt automatisch", sagt Parteisprecher Klaus Beier.

DPA
Harald Rohde/DPA