Stefan Kramer Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes: Wahl des AfD-Landrats "Klatsche mit Ansage"

Stefan Kramer, Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes
Stefan Kramer ist seit 2015 Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes. Unter seiner Leitung wurde die Thüringer AfD im März 2021 als gesichert rechtsextrem eingestuft
© Karina Hessland / Imago Images
Im Thüringer Kreis Sonneberg wurde mit Robert Sesselmann zum ersten Mal ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt. Das sei keine Überraschung, sagt der hiesige Verfassungsschutz-Präsident Stefan Kramer. Doch die anderen Parteien hätten den Warnschuss nicht gehört.

Seit gut zwei Jahren gilt der AfD-Landesverband in Thüringen unter Führung von Björn Höcke als gesichert rechtsextremistisch. Die Einstufung kam vom Thüringer Verfassungsschutz, der die Partei beobachtet. Am Sonntag wurde mit Robert Sesselmann der erste AfD-Kandidat in ein das Amt eines Landrats gewählt.

Nach der Wahl im Kreis Sonneberg äußert sich Verfassungsschutz-Präsident Stefan Kramer im Gespräch mit NDR Info. Er spricht von einer "Klatsche mit Ansage": "Es war lange absehbar, wohin die Reise geht. Es musste irgendwann passieren. Bedauerlich, dass jetzt Thüringen mit dieser Landratswahl vorangeht." Trotzdem habe er den Eindruck, die anderen Parteien hätten den "Weckruf" noch nicht gehört.

Bundespolitische Themen entscheidend für die Wahl in Sonneberg

Mit 52,8 Prozent wurde Sesselmann in Sonneberg zum Landrat gewählt. 47,2 Prozent entfielen auf den CDU-Gegenkandidaten Jürgen Köpper, bei einer Wahlbeteiligung von unter 60 Prozent.

Bei dem Ergebnis müsse man unterschieden zwischen den Wählerinnen und Wählern und den Mitgliedern der AfD, so Verfassungsschutzchef Stefan Kramer bei NDR Info: "Die Mitglieder der Partei wissen, wofür die Partei steht. Deshalb sind sie Mitglied, deshalb sind sie Rechtsextremisten." Bei den Wählerinnen und Wählern dagegen sei eine bunte Mischung aus Wut, Frust, Enttäuschung und Angst ausschlaggebend gewesen. Deshalb habe Kramer auch noch Hoffnung: "Wir sind bei ungefähr 20 Prozent braunem Bodensatz in der Bundesrepublik. Wenn man jetzt sieht, dass 53 Prozent die AfD gewählt haben, dann ist dazwischen noch eine Marge, die man noch erreichen kann."

Sesselmann hatte im Wahlkampf vor allem mit bundespolitischen Themen geworben: Verbrenner-Kraftstoffen, dem Heizungsgesetz oder Migration. Das sei bei der Wahl entscheidend gewesen, glaubt der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes. "Hier geht es um ein deutliches Warnsignal: Empörung und Denkzettel in Richtung Berlin." Viele Menschen würden sich nicht mehr gehört fühlen, so Kramer, daher würde die Arbeit der AfD auf eine positive Resonanz stoßen.

Ostdeutschland wählt im kommenden Jahr. 2024 stehen stehen neben der Europawahl und Kommunalwahlen auch Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg an. Mit Hinblick darauf stellt Stefan Kramer die große Frage: "Wird aus dem Ergebnis in Sonneberg ein Trend oder war das ein einmaliger Ausrutscher?"

Quellen:  NDR, Informationen der Nachrichtenagenturen

mkb

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