SPD-Dissidenten Ausschlussverfahren gegen Linkspartei-Initiatoren

Die SPD hat gegen sechs Parteimitglieder wegen des Aufrufs zur Gründung einer neuen Linkspartei ein Verfahren eingeleitet, das zum Parteiausschluss führen kann.

SPD-Chef Gerhard Schröder rechtfertigte nach einer Vorstandssitzung am Montag in Berlin: "Eine selbstbewusste Partei kann es nicht akzeptieren, wenn Mitglieder dazu aufrufen, aus der Partei auszutreten und eine Konkurrenzorganisation zu gründen." Als Konsequenz habe der Vorstand gegen die aus der bayerischen IG Metall stammenden Unterzeichner eines Gründungsaufrufs für eine neue Partei ein Ordnungsverfahren eingeleitet. Nun müssen in den zuständigen SPD-Unterbezirken Schiedskommissionen entscheiden, wie mit den sechs Mitgliedern verfahren werden soll. Die Sanktionen reichen von einer Rüge bis zu einem Parteiausschluss. Während des Verfahrens ruhen die Rechte der Mitglieder.

Sechs Mitglieder betroffen

Nach Angaben aus Parteikreisen handelt es sich bei den Betroffenen um die IG-Metall-Vorstandsmitglieder Gerd Lobodda und Günther Schachner, die Bevollmächtigten der Gewerkschaft Peter Vetter (Kempten), Klaus Ernst (Schweinfurt), Thomas Händel (Fürth) sowie das niedersächsische SPD-Mitglied Herbert Schui. Sie hatten unter dem Titel "Arbeit & soziale Gerechtigkeit" zur Gründung eines Bündnisses mit allen aufgerufen, die sich für Erhalt und Ausbau des Sozialstaats einsetzten. "Aus diesem Bündnis könnte eine bei der nächsten Bundestagswahl wählbare soziale Alternative entstehen. Diese mögliche Entwicklung schließen wir ausdrücklich ein."

Überlegungen nicht neu

Überlegungen für eine neue Partei links der SPD kursieren seit einiger Zeit angesichts der Kritik von Gewerkschaften und dem linken SPD-Flügel an Schröders Reformen. Vor dem Hintergrund solcher Konflikte und der schlechten Wahl- und Umfrageergebnisse will die SPD am kommenden Sonntag den Führungswechsel an der Parteispitze von Schröder zu Fraktionschef Franz Müntefering vollziehen. Neben dem Aufruf der IG-Metaller gibt es eine weitere Initiative von Gewerkschaftern und Linksintellektuellen für eine "Wahlalternative". Nach Angaben aus Parteikreisen sind deren wichtigste Protagonisten aber keine SPD-Mitglieder.

Bloß kein Eindruck von Panik

Nach Angaben aus SPD-Kreisen wurde im Vorstand über einen angemessenen Umgang mit den Unterzeichnern diskutiert. Ein Vorstandsmitglied sagte, dabei dürfe man auch nicht durch zu scharfe Maßnahmen den Eindruck von Panik vermitteln. Den Angaben zufolge wurde der Aufruf im Vorstand als gezielte Provokation gewertet, da mehrere Unterzeichner mit ihrer Unterschrift demonstrativ auf ihre jahrzehntelange Mitgliedschaft in der SPD hingewiesen hätten und offenbar gezielt für seine Veröffentlichung gesorgt hätten. Damit wollten sie offenbar kurz vor dem Parteitag den internen Druck zu einer Änderung des Reformkurses erhöhen.

Bei Gewerkschaftskonflikt Ball flach halten

Schröder bemühte sich, aus den Gründungsaufrufen keinen weiteren Grundsatzkonflikt mit den Gewerkschaften werden zu lassen. "Man muss das (...) ernst nehmen (...), aber solche Aktiönchen hat es ja schon immer mal gegeben." Mit Blick auf die Gewerkschaften sagte er zum Streit über den Gründungsaufruf: "Das darf überhaupt keine Belastung des Verhältnisses sein."

DPA