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SPD und die Linke Kurt Beck und eine (Schnaps)idee

Abends saßen sie gemütlich in Hamburg zusammen, die SPD-Granden Kurt Beck und Michael Naumann. Heraus kam der Plan, in Hessen auf die Linkspartei zu bauen. Der Plan wurde öffentlich, die Dementis der SPD kamen sofort. Doch eine Beck'sche Schnapsidee ist dies nicht.
Von Hans Peter Schütz

Es war eine fast familiäre Runde, die da im Hamburger Rathaus in der Kneipe zusammen saß. SPD-Chef Kurt Beck, SPD-Barde Günter Grass mit Frau, SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann mit Frau, der SPD-Pressesprecher Lars Kühn und fünf Journalisten. Klar, es floss Rotwein, man kippte flott Klaren. Klar war auch: Was da gesagt wurde, war unter "3" und wäre damit mithin von den Pressemenschen als vertraulich zu behandeln gewesen. Ganz klar aber auch: Was der SPD-Vorsitzende an neuer Strategie im Umgang mit der ungeliebten Linkspartei verbreitete, war keineswegs eine Schnapsidee. Und ob es wirklich vertraulich behandelt werden sollte, daran gibt es bei den Journalisten erhebliche Zweifel.

Neuwahlen mit Bonus

So gesehen lügt SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, wenn er all das, was an diesem Abend in Hamburg gesagt wurde und inzwischen in zahlreichen Zeitungen zu lesen war als haltlose "Spekulationen" abtut. Kurt Beck, derzeit auf Fastentripp, hat den ganzen Abend nur alkoholfreies Hefeweizen geschluckt. Und er hat unmissverständlich ("Das machen wir dann so") seinen Hessen-Plan entwickelt: Man könne doch die SPD-Spitzenkandidatin in Hessen mit Hilfe der Linkspartei zur Regierungschefin wählen, damit Ministerpräsident Koch kippen, der nicht weichen will. Das Ding müsse ja nicht als dauerhafte Tolerierung von Rot-Grün in Hessen laufen. Nach einigen Monaten könne eine Ministerpräsidentin Andrea Ypsilanti Neuwahlen durchsetzen. Es sei besser in diese Neuwahlen mit dem Bonus der Regierungschefin zu gehen. Rot-Grün-Dunkelrot hätte im Landtag eine knappe Mehrheit vor CDU und FDP.

Dass Heil sich schwer tut mit dieser Wende um 180 Grad seines Parteivorsitzenden, ist verständlich. Bislang hat Beck die Linkspartei weit von sich gewiesen als handle es sich bei der linken Konkurrenz um einen Fall von Beulenpest. Jetzt ist in der SPD-Spitze von einer "beachtlichen neuen Positionierung" die Rede. Dass die CDU nun lautstark Beck des Wortbruchs beschuldigt, ist der SPD-Führung natürlich überaus peinlich, weil die Bürgerschaftswahl in Hamburg unmittelbar bevorsteht. Jetzt werde man ja bald sehen, triumphierte der CDU-Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, Christean Wagner, ob Ypsilanti "ihr Wort bricht und sich von den Kommunisten wählen lässt", nachdem ihr die SPD-Spitze dafür grünes Licht gegeben habe.

Große Koalition mit Roth

Ein Bericht des "Kölner Stadtanzeigers" wonach es in der Rathaus-Kneipe eine "Strategiebesprechung" gegeben habe, geht allerdings weit über das tatsächliche Geschehen hinaus. Teilnehmer der Runde berichten vielmehr, dass Beck offenbar durch den ungebremsten Zulauf zur Linkspartei sehr verunsichert sei. Er wisse, dass die Große Koalition bis zur Bundestagswahl nicht mehr viel Vorzeigbares leisten werde. Beck sehe jetzt nur noch die Chance, durch Regierungsbeteiligung in den Ländern die SPD im Gespräch zu halten.

Dieses Motiv wird auch dadurch bestätigt, dass die SPD ganz ernsthaft bereits den Gedanken diskutiert hat, der Frankfurter CDU-Oberbürgermeisterin Roth den Posten der Ministerpräsidentin anzubieten und sie dann als Juniorpartner in einer großen Koalition zu unterstützen. Roland Koch soll bei dieser Variante für einen freiwilligen Rückzug gewonnen werden, indem ihm der Posten des EU-Kommissars von Günther Verheugen angeboten wird, wenn dessen Amtszeit endet. In der hessischen CDU wird die Frage diskutiert, wie sie sich im Landtag verhalten soll, wenn Ypsilanti tatsächlich in Kooperation mit der Linkspartei zur Wahl als Ministerpräsidentin antritt. In diesem Fall, so die Idee, würden CDU und FDP geschlossen den Plenarsaal verlassen und damit die Beschlussunfähigkeit herbeiführen.

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