Nach der Rücktrittsankündigung von SPD-Chefin Andrea Nahles braucht es neue Köpfe für die Partei- und Fraktionsspitze - mögliche Anwärter im Überblick:
Stephan Weil - der Rettungsanker
Der 60-jährige Ministerpräsident von Niedersachsen gilt vielen in der SPD seit langem als möglicher Hoffnungsträger und Rettungsanker. In Niedersachsen ist er beliebt und führt die dortige große Koalition ohne Turbulenzen. Am Tag nach der SPD-Niederlage bei der Europawahl machte Weil zwar deutlich, dass er weiter hinter Nahles steht. Zugleich zeigte er, dass er einen Plan für die Partei hat: Sie solle sich auf Themen konzentrieren, die die Menschen bewegen. Doch Weil steht offenbar nicht zur Verfügung: "Ich bin und bleibe furchtbar gerne Ministerpräsident aus Niedersachsen und habe keine anderen Ambitionen", sagte er im NDR.
Manuela Schwesig - die Resolute
Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern hat ihre bisherige Karriere zielsicher, resolut und pflichtbewusst absolviert. Als Bundesfamilienministerin hatte die 45-Jährige eine moderne, junge, weiblich SPD mitverkörpert. Der Wechsel zurück an die Küste, wo sie bereits Landessozialministerin gewesen war, kam früher als erwartet, wegen einer Krebserkrankung des vorherigen Regierungschefs Erwin Sellering. Insofern hat Schwesig den Makel, bisher selbst keine Landtagswahl gewonnen zu haben.
Olaf Scholz - der Parteisoldat
Der 60-Jährige Bundesfinanzminister ist machtbewusst, selbstsicher und hegt Ambitionen auf das Kanzleramt. Zumindest hat er schon Anfang des Jahres deutlich gemacht, dass er sich die Aufgabe zutraut. In der Partei gilt er vielen als technokratisch, doch er ist Parteisoldat genug, dass er in höchster Not die Geschicke lenken könnte. Für den Parteivorsitz hat er am Sonntag allerdings abgewunken: Das sei mit dem Amt eines Bundesministers der Finanzen zeitlich nicht zu schaffen, sagte Scholz in der ARD-Sendung "Anne Will".
Malu Dreyer - die Vermittlerin
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin ist in der Partei beliebt, erhielt bei der Wahl zur stellvertretenden Parteivorsitzenden 2017 97,5 Prozent und vermittelte im SPD-Streit zwischen GroKo-Gegnern und -Befürwortern. Nach Berlin, so ließ sie sich immer wieder vernehmen, wollte sie allerdings nie wechseln, allerdings gilt die 58-Jährige nun als Übergangskandidatin.
Rolf Mützenich - der Außenpolitiker
Der 59-Jährige Bundestagsabgeordnete aus Köln ist in der Reihe der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden für Außenpolitik zuständig. Er genießt in der Fraktion breites Ansehen, hat viel Erfahrung und könnte interimsweise die Fraktionsführung übernehmen.
Achim Post - der Vielseitige
Der Chef der NRW-Landesgruppe in der Fraktion wird seit Tagen als möglicher Herausforderer von Nahles genannt. Der 60-Jährige gilt als ausgleichend und hat als Experte für Europa, Haushalt und Finanzen ein breites Portfolio.
Martin Schulz
Als Kanzlerkandidat ist der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments gescheitert, seine Zeit als Parteichef dauerte nur kurz, seither ist der 63-Jährige einfacher Abgeordneter. Seit Tagen ist er als Bewerber um den Fraktionsvorsitz im Gespräch. Am Dienstag will er allerdings nicht antreten.

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Auch die Namen weiterer Politiker machten in den vergangenen Tagen und am Wochenende immer wieder die Runde: So könnte die Spitzenkandidatin des Europawahlkampfs, Katarina Barley, die Fraktionsführung übernehmen, anstatt ins Europaparlament zu wechseln, hieß es zwischenzeitlich. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil könnte sich dafür in die Pflicht nehmen lassen, hatte es geheißen. Ebenso war der Sprecher der Parlamentarischen Linken, Matthias Miersch, dafür im Gespräch. Ex-Parteichef Sigmar Gabriel, der immer wieder als Nahles-Nachfolger in der Partei gehandelt wurde, hingegen hatte erklärt, dass er bei der nächsten Bundestagswahl 2021 nicht noch einmal antreten werde.
