Hinter den beiden Stahltüren im dritten Stock des Kanzleramts herrscht Flohmarktatmosphäre. In der einen Ecke türmen sich Berge von Teppichen. Gegenüber sind drei riesige Elefantenstoßzähne postiert. Im Eingangsbereich steht ein museumsreifes Trimm-Dich-Fahrrad der Marke "Cyclett-watt", das Helmut Kohl aber nie benutzte. Das gilt auch für die elektrische Gitarre mit schwarz-rot- goldener Schärpe und persönlicher Widmung, ein Präsent der Band "Scorpions" an Gerhard Schröder.
Pferdestatuen, Kamelsättel und Stacheldraht
In den langen Regalen der beiden fensterlosen Abstellräume für die Staatsgeschenke wechseln sich Kuriositäten und nützliche Dinge ab. Neben Batterien von Eierbechern aus Nymphenburger Porzellan, Mokkatassen, Gläsern, Silberzeug, Pferdestatuen und chinesischen Vasen sind Drachen, Lampenschirme mit Schmetterlingen, Kamelsättel, ein noch unausgepackter Barschrank aus Vietnam sowie Dutzende von Fußball-Trikots vertreten. Dazwischen liegt auch Zeithistorisches: ein Stück Stacheldraht vom durchgeschnittenen ungarischen Grenzzaun oder eine alte CDU-Fahne aus den Einheitstagen. Einiges ist nur schwer definierbar: etwa ein riesiges Rohr, das wie eine Miniatur-Raketen-Abschussrampe aussieht, mit der Aufschrift: "Ich wollte Deutschlands Einheit". Zu den Highlights der Sammlung gehört weiter eine Krippe aus Perlmutt, die Jassir Arafat 1998 bei Schröder abgab.
Seit Jahrhunderten werden bei Staatsbesuchen symbolträchtige Kostbarkeiten und Kitsch ausgetauscht. Die Räumlichkeiten, in denen sie meist schnell verschwinden, sind im diplomatischen Umgangston nicht umsonst als "Schreckenskammern" bekannt. Zu den berühmtesten Missgriffen aller offiziellen Beschenkten gehörte etwa ein Roboterhund, der zu den Lieblingsmitbringseln eines japanischen Regierungschefs gehörte. Wird das Plastiktier gestreichelt, bellt es die Nationalhymne des jeweiligen Besuchslands.
Nur einen kleinen Teil der Staatsgeschenke, die in der Steuerbefreiungsverordnung des Zolls "Zeichen der Freundschaft und des gegenseitigen Wohlwollens" heißen, bekommt die Öffentlichkeit zu sehen. Im Foyer des Kanzleramts sind unter Glasvitrinen ständig einige Stücke ausgestellt. Kostbare Dolche und Schwerter, die Schröder aus arabischen Länder mitbrachte, eine Pfeife für Willy Brandt, ein Texas-Hut für Ludwig Erhard oder eine alte Pralinenschachtel aus dem Kreml für Konrad Adenauer. Diverse Stücke geben Hinweise auf das Selbstverständnis der Spender beim eigenen Umgang mit solchen Geschenken. Dazu zählen etwa zwei wertvolle Pelze für Frau und Tochter, die Wladimir Putin Schröder ins Gepäck laden ließ. Die Kostbarkeiten landeten ebenso wie ein dem Kanzler zugedachtes Jagdgewehr mit Intarsien im Fundus.
Teilverkäufe per Internet-Auktion
Denn Geschenke, die einen Wert von 25 Euro übersteigen, dürfen der Kanzler und alle anderen Politiker nicht behalten. Eher diskret, um die Stifter nicht zu verprellen, wird einiges aus dem Sortiment neuerdings per Internet-Auktion verkauft. Zum diesjährigen Weihnachtsangebot der Verwertungsgesellschaft des Bundes (Vebeg) gehörte neben teuren Armbanduhren etwa auch Tuareg-Schmuck. Probleme bereiten gelegentlich lebende Präsente, wie die beiden Widder, die Bundespräsident Johannes Rau aus Mali mitbrachte. Der Araber-Schimmel "Kaisoon", der 1958 aus Ägypten nach Deutschland kam, war als Staatsgeschenk dagegen fast unbezahlbar. Als Deckhengst sorgte er für 500 direkte Nachkommen.
Im Vergleich zu den fast unbegrenzten Vorstellungen von ausländischen Staatschefs sind die in Blau-Gold schimmerndes Papier verpackten deutschen Standardgeschenke eher bescheiden. Zum Sortiment gehören weiter Füllhalter-Sets, silberne Zigaretten-Schachteln, das Brandenburger Tor aus der KPM-Fabrikation oder der Berliner Bär. Das exquisite Tee-Service aus Meißener Porzellan, das der britischen Königin 1994 überreicht wurde, gehört von den Dimensionen her zur absoluten Ausnahme.
Schröders Motorsäge für Bush
Nach Erfahrungen von Diplomaten kann die richtige Auswahl von Geschenken aber durchaus dazu beitragen, das persönliche Klima zwischen zerstrittenen Staatslenkern zu verbessern. Auf unterschiedliche Weise gingen dabei Schröder und der französische Präsident nach der Irak-Krise wieder auf Tuchfühlung mit George W. Bush. Während Jacques Chirac beim Besuch im Weißen Haus ein After-Shave überreichte, dachte der Kanzler bei der Wahl des Geschenks praktischer. Er brachte dem US-Präsidenten als Geschenk eine Motorsäge aus deutscher Produktion für dessen Ranch in Texas mit.