Die Union hat in der Debatte über ein Vorziehen der Steuerreform weiterhin keinen klaren Kurs. Der Riss geht jetzt auch durch die Reihen der ostdeutschen CDU-Ministerpräsidenten. Sachsen- Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) warf am Mittwoch seinen Länderkollegen vor, drohende Einnahmeausfälle zu ignorieren. Dagegen bekräftigte Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU), er wolle im Bundesrat notfalls zusammen mit Bayern und Baden-Württemberg für die Steuersenkungen stimmen.
Wirtschaft fordert Zustimmung
Die Wirtschaft forderte die Union erneut auf, dem Vorziehen im Bundesrat unbedingt zuzustimmen. Die Bundesregierung appellierte abermals an die Union, zu einer einheitlichen Linie zu finden. Man sei weiter gesprächsbereit, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Die Überlegungen der Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD), zum Subventionsabbau könnten durchaus in das Modell der Bundesregierung mit einfließen. Der Fahrplan sei nicht gefährdet, auch wenn die Union sich bis zuletzt weigern sollte. Das Ministerium sehe keine technischen Schwierigkeiten bei Umsetzung zum 1. Januar.
Entlastungen von mehr als 15 Milliarden Euro
Rot-Grün plant mit dem Vorziehen der dritten Steuerreformstufe Entlastungen von mehr als 15 Milliarden Euro. Zusammen mit der ebenfalls anstehenden zweiten Stufe sind es knapp 22 Milliarden. Der Bund will seinen Anteil an der dritten Stufe von rund 7 Milliarden Euro zu etwa 80 Prozent über neue Schulden gegenfinanzieren. Etliche Unions-Ministerpräsident hatten eine Höchstgrenze für neue Schulden von 25 Prozent gefordert.
Böhmer sagte der "Thüringer Allgemeinen", bei einem Vorziehen der Steuerreform rechne er für sein Land mit Ausfällen in Höhe von 230 Millionen Euro. "Die Finanzsituation bei uns ist so, dass wir uns weitere Einnahmeausfälle nicht leisten können." Wie Thüringen ein Vorziehen der Reform verkraften könne, sei unklar, sagte Böhmer. Sein Land sei jedenfalls so hoch verschuldet, dass einer Steuerreform, die durch neue Schulden finanziert werden müsse, nicht zuzustimmen sei.
Keine Entlastungen durch neue Belastungen
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christoph Böhr sagte der Zeitung "Die Welt", er sei zwar dafür; das vorliegende Konzept der Bundesregierung sei aber "nicht zustimmungsfähig", weil darin auch die Kürzung der Pendlerpauschale und die Streichung der Eigenheimzulage geregelt sind. Es dürfe "keine Entlastung geben, die anschließend durch neue Belastungen wieder aufgehoben wird".
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte, große Konzerne hätten die Entlastungen bereits fest geplant. "Von der psychologischen Wirkung wäre es fatal, das ganze Jahr eine solche Diskussion zu führen und danach nicht zu handeln", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".