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Studiengebühren Kochs Blockade von kurzer Dauer

Roland Koch, geschäftsführender Ministerpräsident in Hessen, will das Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren nicht unterschreiben. Doch seine Blockade wird nur von kurzer Dauer sein. Denn der Ältestenrat hat bereits einen Termin für eine Sondersitzung festgelegt.

Im Streit um die Studiengebühren hat der hessische Ministerpräsident Roland Koch die Machtprobe mit der linken Landtagsmehrheit gewagt. Koch kündigte völlig überraschend an, dass er das von SPD, Grünen und Linkspartei verabschiedete Gesetz zur Abschaffung der Uni-Maut nicht unterzeichnen wollte. Zur Begründung sagte Koch vor dem Landtag, das Gesetz weise in der verabschiedeten Form einen schweren Formfehler auf. Der Fehler soll bei einer Sondersitzung des Landtages am 17. Juni behoben werden. Darauf hat sich der Ältestenrat des Landtages am Donnerstagabend in Wiesbaden geeinigt. Damit ist die Möglichkeit einer schnellen Korrektur vom Tisch.

Wie Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU) am Donnerstagabend berichtete, wird die Landesregierung gegen das entsprechende Gesetz formell Einspruch erheben. Dadurch werde eine dritte Lesung des Gesetzes möglich. In dieser dritten Lesung kann der von Ministerpräsident Roland Koch beanstandete Formfehler im Gesetz geheilt werden. Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Tarek Al-Wazir, warf Koch vor, den Landtag bewusst im Dunkeln gelassen zu haben. Koch habe in einer kurzfristig einberufenen Sitzung des Ältestenrates zugegeben, dass der Regierung der Formfehler bereits vor der abschließenden Beratung am vergangenen Dienstag aufgefallen sei, sie die Fraktionen aber nicht darauf hingewiesen habe.

Übertragungsfehler im Gesetz

Al-Wazir sagte, in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes sei eine Formulierung enthalten gewesen, wonach die Studiengebühren letztmalig im Sommersemester 2008 erhoben werden. Durch einen Übertragungsfehler sei dieser Satz in der endgültigen Fassung des Gesetzes nicht mehr vorhanden gewesen.

Koch hatte in seine Begründung gesagt, entweder müsse nach der Sommerpause ein gänzlich neues Gesetzgebungsverfahren gestartet werden, oder aber er könne von seinem Recht nach Artikel 119 der Landesverfassung Gebrauch machen und das Gesetz beanstanden. Dann könnte im Landtag eine dritte Lesung angesetzt werden.

Ypsilanti wütend

Mit versteinerter Miene reagierten die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti und andere führende Politiker der Landtagsmehrheit auf die Aussagen des CDU-Regierungschefs. Dann setzten hektische Beratungen zwischen den Abgeordnetenbänken ein. Wütend schritt Ypsilanti schließlich ans Rednerpult und warf Wissenschaftsministerin Silke Lautenschläger (CDU) vor, dem Parlament ihre juristischen Bedenken in der entscheidenden zweiten Lesung des Gesetzes verschwiegen zu haben.

Der Regierungschef konterte mit dem Hinweis: "Wir sind Berater, aber nicht Kindermädchen der Mehrheitsfraktionen." Grünen-Chef Tarek Al-Wazir warf Koch vor, das Gesetz "aus billigen parteipolitischen Gründen" scheitern zu lassen: "Was wir hier erleben, ist ganz kleines politisches Karo." Ypsilanti schlug vor, den Landtag noch vor der Sommerpause zu einer Sondersitzung einzuberufen, um das Gesetz zu retten.

Feier am Mittag

Erst am Mittag hatten die Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken mit Sekt auf die Abschaffung der Studiengebühren angestoßen und eine übergroße Torte angeschnitten, auf der - als Symbol für die verhasste Uni-Maut - ein durchgestrichener 500-Euro-Schein zu sehen war.

Wie der Sprecher des Wissenschaftsressorts, Ulrich Adolphs, erklärte, hatte das Ministerium im Gesetzgebungsverfahren empfohlen, einen Passus aufzunehmen, nach dem die Studiengebühren letztmals im Sommersemester 2008 in Hessen erhoben werden. Auf diesen Passus aber hätten SPD, Grüne und Linke im Gesetzestext verzichtet. Dadurch bestünden die Studiengebühren faktisch weiter fort. Da aber Rot-Rot-Grün die von der CDU-Landesregierung eingeführten Studiendarlehen abgeschafft habe, sei das Gesetz obendrein auch noch verfassungswidrig.

Die staatlichen Darlehen an sozial schwache Studenten wurden wegen einer Vorgabe der hessischen Verfassung eingeführt, wonach die Erhebung von Studiengebühren nur dann zulässig ist, wenn der Studierende wirtschaftlich dazu auch in der Lage ist. Ob die hessischen Studiengebühren nun wie geplant bis zum Wintersemester 2008/09 abgeschafft werden können, erscheint ungewiss.

Am Donnerstag sollte nach bisheriger Planung die letzte Plenarsitzung des Wiesbadener Landtags vor der Sommerpause stattfinden. Gegen den Willen der geschäftsführenden CDU-Landsregierung hatte die Parlamentsmehrheit aus SPD, Grünen und Linken am Dienstagabend beschlossen, die 2007 eingeführten Studiengebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester wieder abzuschaffen. CDU und FDP stimmten dagegen. Hessen wäre damit das erste Bundesland, das nach der Einführung dieser Gebühren wieder auf deren Erhebung verzichtet.

DPA/AP AP DPA

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