Piraten-Chef Sebastian Nerz muss noch einiges über die Fallstricke in der Bundespolitik lernen. Als in den vergangenen Tagen bekannt wurde, dass sich Mitglieder seiner Partei bei der rechtsextremen NPD engagiert hatten, nahm Nerz die Betroffenen in Schutz. "Wenn so jemand nach einem Jahr austritt, dann muss man solche Jugendsünden auch verzeihen", sagte er der "Welt" am Freitag und fügte hinzu: "Doch dann müssen diese Menschen auch offen zu ihren Fehlern stehen."
Hängengeblieben ist vor allem ein Wort - "Jugendsünden". Die Grünen ließen sich nicht lange bitten und nahmen die Steilvorlage an. Als "geradezu naiv", kritisierte Volker Beck, Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, die Aussagen des Piraten-Chefs am Samstag. Besonders fehl am Platz sei das Argument gerade dann, wenn es sich gar um ehemalige Funktionäre der NPD gehandelt habe.
Beck räumte ein, dass jedem die Möglichkeit gegeben werden müsse, "zurück in die demokratische Parteienfamilie zu kehren". Aber das setze auch voraus, dass sich die eigene Gesinnung nachvollziehbar geändert habe. Eine solche Änderung sei bei den betroffenen Piraten aber nicht in allen Fällen klar. "Angesichts eines hohen Anteils von antisemitistischen Einstellungen und Leuten, die rechtsextremistischen Thesen zustimmen, muss jede Partei darauf achten, dass so etwas bei ihr keinen Platz findet. Da sollte man sich nicht über die Konkurrenz erheben."
Auf die Frage, ob die Kritik an den Piraten auch damit zusammenhänge, dass die Partei den Grünen möglicherweise Wähler abspenstig machen könnte, sagte Beck: "Nein. Ich bin dafür bekannt, dass ich problematische Entwicklungen bei allen Parteien diskutiere und angreife." Dem aktuellen ZDF-Politbarometer zufolge haben die Grünen im Vergleich zur letzten Umfrage vor drei Wochen zwei Prozentpunkte eingebüßt, während die Piraten zwei hinzugewonnen haben. Bei allen anderen Parteien blieben die Werte unverändert.