SPD und Union wollen Unruhen wie in Frankreich durch zusätzliche Anstrengungen bei der Integration von Zuwanderern verhindern. In der Vereinbarung zur Innenpolitik werde eine große Koalition Integration als Querschnittsaufgabe hervorheben, sagte der SPD-Rechtsexperte Dieter Wiefelspütz der "Welt am Sonntag". Dem designierten Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sei das sehr wichtig - "und er hat dabei meine volle Unterstützung".
Die Türkische Gemeinde warnte, in Deutschland gebe es angesichts der Bildungssituation und der prekären Lage für Einwanderer auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt einen "Nährboden für Proteste". An die Bundesregierung und die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte sie, Maßnahmen für die Eingliederung der Migrantenbevölkerung zu intensivieren.
Schröder und Erogan in Köln
Eine bessere Integration der sieben Millionen Türken in den EU-Ländern hat sich auch die Union Europäisch Türkischer Demokraten (UETD) zum Ziel gesetzt. Zur Eröffnung ihrer Europazentrale am Sonntag in Köln wollten auch der amtierende Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kommen.
Der CDU-Sicherheitsexperte Wolfgang Bosbach beurteilt die Situation kritisch. "Auch wenn die gesellschaftliche Realität bei uns anders ist, sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, dass so etwas wie in Frankreich bei uns nicht geschehen könnte", sagte er der "Welt am Sonntag". Notwendig seien drei Schritte: Man müsse die Integrationsbemühungen verstärken, das Straf- und Ausländerrecht konsequent anwenden, "und drittens wird es Zeit, dass wir viel genauer hinsehen und hinhören, was sich da hinter verschlossenen Türen in den Moscheen abspielt".
Schönbohm sieht Anzeichen für Gettoisierung
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) warnte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Es gibt auch in Deutschland Entwicklungen in Richtung Gettoisierung, weil wir die Integration lange Zeit nicht ernst genug genommen haben".
Der grüne Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck warf der Union "einen erheblichen Anteil der Verantwortung" für diese Probleme vor. "Weder mit einer Leitkultur-Debatte noch mit ausländerrechtlichen Sanktionen wird man das Integrationsproblem lösen", erklärte Beck am Samstag in Berlin.