Urteil Karlsruhe stoppt Zuwanderungsgesetz

Das Bundesverfassungsgericht hat das rot-grüne Zuwanderungsgesetz gekippt. Die Karlsruher Richter gaben am Mittwoch der Klage sechs unionsgeführter Länder statt.

Das Bundesverfassungsgericht hat das rot-grüne Zuwanderungsgesetz gestoppt. Die Karlsruher Richter gaben am Mittwoch der Klage sechs unionsgeführter Länder statt. Damit kann das Gesetz nicht zum 1. Januar in Kraft treten.

Die Karlsruher Richter beanstandeten das Zustandekommen des Gesetzes im Bundesrat. Das Land Brandenburg, das zunächst ein gespaltenes Votum abgegeben hatte, habe nicht einheitlich abgestimmt. Damit sei im Bundesrat keine Mehrheit für das Gesetz zu Stande gekommen. Das Grundgesetz schreibt die einheitliche Stimmabgabe vor.

"Wille des Landes"


Der Zweite Senat billigte dem Bundesratspräsidenten zwar grundsätzlich das Recht zu, bei Unklarheiten über die Abstimmung nachzufragen. Wenn allerdings erkennbar kein einheitlicher Landeswille bestehe und nach den gesamten Umständen auch nicht zu erwarten sei, entfalle sein Recht zur Nachfrage. «Hier lag der Wille des Landes Brandenburg zur uneinheitlichen Abstimmung klar zu Tage», so das Gericht.

Der damalige Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) hatte nach der gegensätzlichen Abstimmung zweier Minister den seinerzeitigen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) gefragt und dessen Ja als Zustimmung des Landes gewertet.

Nicht einstimmig

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Entscheidung des achtköpfigen Richtergremiums ist nicht einstimmig gefallen. Der Zweite Senat gab kein genaues Abstimmungsverhältnis bekannt. Die Richterinnen Lerke Osterloh und Gertrude Lübbe-Wolff fügten dem Urteil eine abweichende Meinung bei.

Schily will Gesetz unverändert wieder einbringen Bundesinnenminister Otto Schily will seine Vorlage unverändert wieder in den Bundestag einbringen. Er erwarte eine Einigung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch nach dem Urteilsspruch aus Karlsruhe. Die Unions-Mehrheit lehnt Schilys bisherige Vorlage ab. Dementsprechend muss nachverhandelt werden.

Schily wollte aber nicht sagen, welche Punkte er zur Disposition stellen würde. „Ich werde mich jetzt nicht zu einem einzelnen Punkt äußern“, sagte Schily. Er habe eine Meinung, wo Bewegungsmöglichkeiten seien, aber diese wolle er nicht auf den Tisch legen. Gleichzeitig schloss er aus, einzelne Punkte wie etwa die Integrationsregelungen abzutrennen, um die Mehrheitsfindung zu vereinfachen. „Die Einzelteile gehören ja zusammen“, sagte Schily. Es handele sich insgesamt um ein „gutes und ausgewogenes Gesetz“. Es sei mit den Grünen abgestimmt und enthalte auch Vorschläge der Union. Zudem habe es die Unterstützung aller gesellschaftlichen Gruppen.

Verhandlungen mit der Union


Deshalb werde er zwar mit der Union verhandeln, aber „nicht auf der Grundlage von Diktaten“, sagte Schily und verwies auf Forderungen der Union, wie er sie bereits vor dem Urteil in der Presse gelesen habe. „Das verkennt die Kräfteverhältnisse“, sagte Schily. Die jüngst geäußerten Forderungen des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller seien bereits im Gesetzestext umgesetzt. „Ich bin gerne bereit, Herrn Müller in den Gesetzestext einzuführen“, sagte der Minister.

Seine Erklärungen seien bereits mit den Grünen abgestimmt, betonte Schily. Er verwies darauf, dass er auf den Koalitionspartner für die Mehrheit im Bundestag angewiesen sei. Schily bedauerte das Urteil aus Karlsruhe und die Tatsache, dass das Zuwanderungsgesetz nicht wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten könne. „Ich will nicht verhehlen, dass eine sehr schwierige Lage entstanden ist“, sagte der Minister.

Merkel «Niederlage und scharfe Zurechtweisung»


Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Zuwanderungsgesetz als «Niederlage und scharfe Zurechtweisung» für Bundeskanzler Gerhard Schröder und Innenminister Otto Schily (beide SPD) bezeichnet. Der Karlsruher Richterspruch sei eine Absage an «willkürliche Manipulation», wie dies der damalige Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) auf Geheiß Schröders in Szene gesetzt habe.

Ebenso wie andere Unionspolitiker signalisierte Merkel der Bundesregierung aber auch Verhandlungsbereitschaft. Die CDU-Chefin regte eine komplette Neuregelung an. «Dies war ein guter Tag für die Demokratie in der Bundesrepublik», sagte Merkel. Die Entscheidung sei nicht nur ein Erfolg für die Union, sondern für den Rechtsstaat insgesamt.