Wahlkampf Schröder meckert über Merkel-Team

Das von Angela Merkel präsentierte Wahlteam der Union wird von der Wirtschaft begrüßt, von den Gewerkschaften und der SPD scharf kritisiert. Kanzler Gerhard Schröder hält die Merkel-Truppe für "regierungsunfähig".

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat dem Wahlkampfteam seiner CDU-Herausforderin Angela Merkel die Regierungsfähigkeit abgesprochen. "Ich glaube nicht, dass wir davon etwas erwarten können, was Deutschland voranbringt", sagte der Kanzler am Mittwochabend bei einem Wahlkampfauftritt in Neuwied (Rheinland-Pfalz). Er sehe viele unterschiedliche Positionen, vieles sei noch nicht ausgegoren. "Und wenn nichts ausgegoren ist, ist man nicht regierungsfähig."

Personelle Alternativen zur rot-grünen Bundesregierung

Knapp fünf Wochen vor der Bundestagswahl hatte Unions-Kanzlerkandidatin Merkel am Mittwoch mit ihrem so genannten Kompetenzteam personelle Alternativen zur rot-grünen Bundesregierung vorgestellt. In der Wirtschaft stieß das Wahlkampfteam auf breite Zustimmung. Die Gewerkschaften äußerten hingegen scharfe Kritik. Für DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer steht die Merkel-Truppe in erster Linie "für eine verschärfte Abwärtsspirale" zu Lasten von Arbeitnehmern, Familien und sozial Schwachen.

Insbesondere von der Berufung des Ex-Verfassungsrichters Paul Kirchhof erhoffen sich Industrie, Handel und Handwerk Impulse für eine Steuerreform und mehr Wachstum. Kirchhof will im Falle eines Wahlsieges von CDU/CSU in einer Regierung mitwirken. Ihn reize "die einmalige Chance, das, was sorgfältig erdacht und vorbereitet worden ist, jetzt in die Rechtswirklichkeit umzusetzen", machte der parteilose Jurist und Steuerexperte am Mittwoch im "RTL Nachtjournal" deutlich. Auf die Frage ob er von der Union möglicherweise nur als Aushängeschild gebraucht werde, sagte Kirchhof, er halte dies "für schlechthin ausgeschlossen - weil die Tatsache, dass man mich ins Kompetenzteam berufen hat, eher eine programmatische als eine personelle Aussage ist". Dass seine Vorstellungen auch der FDP sehr nahe kommen, sei "im Hinblick auf zukünftige Koalitionen kein Schaden".

FDP-Chef Guido Westerwelle rechnet nach der Präsentation des Wahlkampfteams von CDU/CSU damit, die von der Union geplante Mehrwertsteuererhöhung noch vereiteln zu können. Aufgrund der Berufung Kirchhofs sei er "sehr optimistisch, dass es uns in Koalitionsverhandlungen gelingen wird, eine Mehrwertsteuererhöhung zu verhindern", sagte er am Mittwochabend im ZDF-"Nachtduell".

Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper kritisierte die Diskussion über das Wahlkampfteam der Union. Im Hörfunksender MDR INFO sprach sie von einem "Showlauf", der keine ernst gemeinte Antwort auf die Fragen der Bürger etwa zur Krise am Arbeitsmarkt gebe. Pieper bemängelte, dass Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) im Wahlkampf zwar für den Osten zuständig sei, bei einem Wahlsieg aber nicht nach Berlin gehen wolle. "Wir brauchen jemanden mit Kompetenz in diesem Bereich, gerade für strukturschwache Regionen" - und zwar "im Ministerrang oder zumindest als Staatsminister".

"Klassische Agrarlobbyistin"

Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) kritisierte das Team der Union. Mit Gerda Hasselfeldt (CSU) präsentiere Merkel für die Bereiche Landwirtschaft sowie Verbraucher- und Umweltschutz eine "klassische Agrarlobbyistin". Wenn Hasselfeldt für den Umweltschutz zuständig sei, bedeute das im Klartext, dass "Merkel den Umweltschutz aufgegeben hat und diesen den Agrarfunktionären überlässt", sagte Künast der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag).

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Hasselfeldt selbst kündigte an, sie wolle die deutsche Agrarpolitik grundlegend neu ausrichten. "Deutsche Landwirte müssen international wieder wettbewerbsfähig werden, und zwar alle, die konventionell ausgerichteten genauso wie die ökologischen Landwirte. Dazu brauchen wir eine grundlegend andere Agrarpolitik", sagte sie der "Financial Times Deutschland" (Donnerstag). Die CSU-Politikerin wehrte sich gegen die Kritik, sie werde den Öko-Landbau benachteiligen. Öko-Bauern sollten aber keine Sonderrolle erhalten.

DPA
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