Reaktionen auf Todesnachricht "Er war ein Gigant des Parlamentarismus": Politiker würdigen Schäuble und sein Lebenswerk

Wolfgang Schäuble gemeinsam mit Kanzler Helmut Kohl 1997
Wolfgang Schäuble gemeinsam mit Kanzler Helmut Kohl 1997 
© Fritz Reiss
Sehen Sie im Video: Wolfgang Schäuble gestorben: Niemand gehörte dem Parlament länger an als er.
 
 
 
Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist tot. Der CDU-Politiker sei im Kreise seiner Familie am 2. Weihnachtstag friedlich eingeschlafen, teilt seine Familie mit. Schäuble war in seiner langen politischen Laufbahn Minister, CDU-Chef, Fraktionsvorsitzender und Präsident des Deutschen Bundestages. Niemand gehörte dem Parlament länger an als er.

 
Mit dem Namen Schäuble sind Jahrzehnte deutscher Politik verbunden. Unter Kanzler Helmut Kohl war er zunächst Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, von 1989 bis 1991 Bundesinnenminister.

 
Seit dem Attentat eines geistig verwirrten Mannes auf ihn im Oktober 1990 saß Schäuble im Rollstuhl, seine politische Karriere ging aber weiter. Von 1991 bis 2000 führte er die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. 1998 wurde Schäuble CDU Parteichef. Angela Merkel wurde Generalsekretärin.

 
Im Februar 2000 trat Schäuble als CDU-Chef zurück. Merkel wurde Parteichefin und machte 2005 als Kanzlerin Schäuble zum Innenminister, vier Jahre darauf zum Finanzminister.

 
Nach der Bundestagswahl 2017 wurde Schäuble zum Bundestagspräsidenten gewählt, das zweithöchste Amt im Staat. Das höchste Amt im Staat, das des Bundespräsidenten, blieb Schäuble verwehrt.

 
Nach der von der Union verlorenen Bundestagswahl 2021 zog sich Schäuble aus den Führungsgremien zurück, er blieb aber einfacher Abgeordneter. In seiner Rede als Alterspräsident - jener Abgeordnete mit den meisten Dienstjahren - warb er für offenen Diskurs und selbstbewusste Abgeordnete.
Bestürzung, Trauer und respektvolle Erinnerungen: Der Tod von Wolfgang Schäuble macht viele Menschen betroffen. Auch der Bundeskanzler, der Bundespräsident und Angela Merkel melden sich zu Wort.

Er war Bundesinnenminister, Bundesfinanzminister, 50 Jahre lang Mitglied des Deutschen Bundestages und von 2017 bis 2021 sogar dessen Präsident: Wolfgang Schäuble hat die deutsche Politik in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich mitgeprägt. Die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel sagte einmal über ihn: "Wolfgang Schäuble ist ein Glücksfall für die deutsche und die europäische Politik." Nach seinem Tod melden sich politische Freunde und Konkurrenten mit Würdigungen und Beileidsbekundungen. Ein Überblick.

Weggefährten trauern um Wolfgang Schäuble

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): "Wolfgang Schäuble hat unser Land mehr als ein halbes Jahrhundert geprägt: als Abgeordneter, Minister und Bundestagspräsident. Mit ihm verliert Deutschland einen scharfen Denker, leidenschaftlichen Politiker und streitbaren Demokraten. Meine Gedanken sind heute bei seiner Familie."

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD): "Mit Wolfgang Schäuble haben wir einen großartigen Menschen und leidenschaftlichen Politiker verloren, der Historisches für unser Land erreicht hat", schreibt Steinmeier in einem Kondolenzbrief an die Witwe Ingeborg Schäuble. Der CDU-Politiker sei "ein Glücksfall für die deutsche Geschichte" gewesen. "Ein reiches Leben ist nun zu Ende gegangen – das Werk dieses herausragenden Staatsmannes und Menschen wird Bestand haben", erklärt der Bundespräsident. Die Politik sei Schäubles "Lebenselixier" gewesen. Niemand habe in der Geschichte der Bundesrepublik länger dem Bundestag angehört als er.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD): "Eine sehr traurige Nachricht", nennt Schäubles Nachfolgerin als Chefin des Parlaments die Todesmeldung auf der Plattform X. "Meine Gedanken sind bei seiner Familie und Freunden. Mein aufrichtiges Beileid."

CDU-Chef Friedrich Merz: Die Nachricht erfülle ihn mit großer Trauer, schreibt Merz auf X. "Ich verliere mit Wolfgang Schäuble meinen engsten Freund und Ratgeber, den ich in der Politik je hatte. Meine Gedanken sind bei seiner Familie, insbesondere seiner Frau Ingeborg."

CSU-Vorsitzender Markus Söder: Die CSU trauere um Schäuble, erklärt der bayerische Ministerpräsident auf X. Dieser habe sich unter anderem als Bundesinnenminister, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, CDU-Vorsitzender und Bundestagspräsident große Verdienste um Deutschland erworben. "Die CSU wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren."

Grünen-Chef Omid Nouripour: "Er war ein Gigant des Parlamentarismus und seit Jahrzehnten eine prägende Figur für unser Land. Sein Platz in den Geschichtsbüchern ist ihm gewiss. Meine Gedanken sind bei seiner Frau und seinen Kindern. Er wird ihnen fehlen. Er wird uns allen fehlen."

AfD-Vorsitzender Tino Chrupalla: "Wolfgang Schäuble prägte über Jahrzehnte die Bundespolitik und den Deutschen Bundestag. Die Folgen eines schweren Attentats trug er mit Würde, Duldsamkeit und Pflichtbewusstsein. Im persönlichen Gespräch war er stets offen und freundlich. Seiner Familie mein herzliches Beileid!"

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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"Historisch war sein Engagement für Berlin als Hauptstadt"

Altkanzlerin Angela Merkel (CDU): "Ich trauere um einen Politiker, der unser Land in vielfältiger Weise geprägt hat", teilt Merkel in einer Erklärung mit. "Wolfgang Schäubles Stimme werden wir in Deutschland vermissen, sein Rat wird mir persönlich fehlen." Gespräche mit ihm seien immer eine intellektuelle Bereicherung gewesen. "Ich bewunderte seine Disziplin, auch sich selbst gegenüber, die er trotz und mit seiner Querschnittlähmung nach einem Attentat aufbrachte. Er wurde damit Millionen Menschen ein Vorbild."

Dietmar Bartsch, letzter Co-Chef der Linksfraktion im Bundestag: "Wolfgang Schäuble war ein herausragender Demokrat. Oft lagen unsere Positionen diametral gegenüber. Historisch war sein Engagement für Berlin als Hauptstadt. In der letzten Sitzungswoche sagte er zu mir: 'Es geht auf und ab in der Politik, denken Sie immer auch an sich.' R.I.P."

Zentralrat der Juden in Deutschland: "Wir trauern um Wolfgang Schäuble. Er hat sein Leben in den Dienst unseres Landes gestellt und war ein enger Freund der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland. Wir sind in Gedanken bei seiner Familie."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SDP): "Mit Wolfgang Schäuble verlieren wir einen der bedeutendsten Demokraten unserer Republik. Er war ein großer Staatsmann und verkörperte das demokratische Nachkriegsdeutschland wie wenige andere. Als damaliger Bundesinnenminister war er ein Architekt der Einheit. Sein Wort hatte großes Gewicht. Meine tief empfundene Anteilnahme gilt seiner Frau, seinen Kindern und seiner ganzen Familie. Wir trauern um eine große Persönlichkeit, die uns und unserem Land sehr fehlen wird."

CDU-Bundesschatzmeisterin Julia Klöckner: "Wolfgang Schäuble war ein Ausnahmemensch, ein beeindruckender Denker und Redner, ein loyal-kritischer Kollege. Er hat unser Land geprägt als Minister, als Bundestagspräsident, als Politiker, der gewissenhaft Pflicht und Dienst erfüllte."

Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU): "Europa verliert einen großen Staatsmann. Ich verliere meinen wichtigsten Mentor und einen väterlichen Freund. Meine Gedanken sind bei seiner Familie. Ruhe in Frieden, Wolfgang Schäuble."

CDU-Politiker Lukas Kilian: Der verkehrspolitische Sprecher der Landtagsfraktion in Schleswig Holstein würdigt Schäuble mit einer Anekdote. "Als ich 2017 erstmals für den Landtag kandidierte, kam Wolfgang Schäuble zur Unterstützung. Das Besucherforum in Glinde war brechend voll. Schäuble scherzte und überzog die – von seinem Büro gesetzte – Endzeit massiv", schreibt Kilian auf X. "Ein unvergesslicher Abend." Während er selbst spät nach Hause gegangen sei, habe Schäuble noch nach Berlin reisen müssen. Beim Frühstück habe er ihn dann live im Morgenmagazin von ARD und ZDF gesehen. "Er schonte sich nicht. Wolfgang Schäuble ist und bleibt für mich lebendige Geschichte, überzeugter Europäer und aufrechter Demokrat! Möge er in Frieden ruhen."

Auch Stimmen im Ausland melden sich zu Wort

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron: "Wolfgang Schäuble war ein Freund Frankreichs. Er hat die Verbindungen zwischen unseren Ländern gefestigt. Er hat zur deutschen Wiedervereinigung, zum Aufbau des Euro und zur europäischen Einheit beigetragen. Ich begrüße sein Engagement. Mein Beileid gilt seinen Angehörigen und dem deutschen Volk."

Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank: "Ich bin zutiefst betrübt über das Ableben von Wolfgang Schäuble. Er war einer der einflussreichsten europäischen Politiker seiner Generation. Ich habe sein Engagement für Europa, seine intellektuelle Strenge und seine Staatskunst persönlich miterlebt. Meine Gedanken sind bei seiner Familie."

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: "Wolfgang Schäubles Tod ist ein schwerer Verlust für Deutschland und Europa. Er hat durch seine Taten und sein Vorbild wie kaum ein anderer die bundesdeutsche Demokratie geprägt. Er dachte stets groß und weit voraus. Nicht nur Wolfgang Schäubles Intellekt und seine Disziplin waren herausragend, sondern auch sein tiefer Respekt vor dem demokratischen Diskurs und seine Fähigkeit, sich immer wieder auf Neues einzulassen. Ich werde seinen weisen Rat vermissen."

Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert.

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