Zustimmung in Bundestag und Bundesrat Euro-Rettungspaket beschlossene Sache

Das 750-Milliarden-Rettungspaket für den Euro ist fix. Sowohl Bundestag als auch Bundesrat stimmten der Gesetzesvorlage zu. Die erhoffte breite Mehrheit kam in beiden Kammern nicht zustande.

Historische Entscheidung von Bund und Ländern: Deutschland hat dem gigantischen Euro-Rettungspaket zugestimmt. Bundestag und Bundesrat billigten am Freitag den deutschen Anteil am 750-Milliarden-Rettungspaket. Dabei geht es um Garantien von bis zu 148 Milliarden Euro. Die Länder verzichteten darauf, den Vermittlungsausschuss einzuschalten. Bundespräsident Horst Köhler muss das umstrittene Gesetz noch unterzeichnen.

Im Bundesrat hatte der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) scharfe Kritik am Regierungsstil der schwarz-gelben Koalition geübt. Vor der Abstimmung monierte Beck, dass viele Fragen bezüglich des Rettungsschirms ungeklärt seien. Mit den Länderchefs habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch nicht einmal ein Gespräch dazu geführt. Dies sei "ein Stil des Umgangs, der Misstrauen mehrt in einer Situation, in der Vertrauen geschaffen werden müsste". Wegen der von der Bundesregierung eingeforderten Eilbedürftigkeit für das Gesetz hätten im Bundesrat auch keine Ausschussberatungen stattgefunden.

Der nordrhein-westfälische Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU) machte die Notwendigkeit des Rettungsschirms zur Stabilisierung der Wirtschaft, des Euro-Raumes und der EU insgesamt deutlich. Auch er forderte aber ebenso wie Beck strengere Regeln für die Finanzmärkte und warb für eine internationale Transaktionssteuer auf Finanzgeschäfte. "Die Frage ist noch nicht beantwortet: Wer zahlt die Zeche?"

Bei der Bundestagsabstimmung zuvor kam die von Merkel erhoffte breite Zustimmung nicht zustande. Schwarz-Gelb konnte die deutschen Kreditgarantien von bis zu 148 Milliarden Euro nur mit Mühe und der eigenen Mehrheit durchdrücken. Für das Gesetz zur Euro-Stabilisierung stimmten nach einer turbulenten Sitzung schließlich 319 Abgeordnete. Es gab 73 Nein-Stimmen, 195 Parlamentarier enthielten sich. Die sogenannte Kanzlermehrheit liegt bei 312 Stimmen. Abgestimmt hatten 587 Angeordnete. Anschließend stimmte auch der Bundesrat zu. Anschließend wird das Gesetz Bundespräsident Köhler zur Unterschrift vorgelegt.

Gabriel: EU hat Taktiererei satt

In der kontroversen Debatte war die Opposition der Koalition vor, dass ein gigantisches Hilfspaket unter Druck durchgepeitscht werden solle. SPD, Grüne und Linke kritisierten, dass die Auswirkungen und die genaue Ausgestaltung der Euro-Notkredite offen seien. Der Vertrag über die geplante Zweckgesellschaft für die Hilfs-Kredite liege noch nicht vor. Die SPD hatte zudem gefordert, dass Schritte zur Finanzmarktregulierung schwarz auf weiß vorliegen und der Bundestag diese konkret beschließen müsste. Merkel hatte zugesagt, sich für mehr Regulierung und eine Finanztransaktionssteuer einsetzen zu wollen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel in seiner Rede taktische Spielchen vor, die auch die EU-Partner satt hätten. Daher habe sich die Kanzlerin blamiert und sei vorgeführt worden beim Rettungspaket. Deutschland müsse bei Finanzmarkt-Regeln vorangehen: "Sie waren nur solange eine mutige Kanzlerin, wie Sie von Sozialdemokraten bewacht wurden", rief Gabriel unter dem Applaus seiner Parteifreunde aus.

Transaktionssteuer ohne Finanplatz London?

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies die Vorwürfe zurück. "Wir befinden uns auf einer einwandfreien rechtlichen Grundlage." Das Eilverfahren begründete er mit der Entwicklung an den Märkten. Schäuble sieht weiter Hürden für eine globale Transaktionssteuer. "Die Frage, geht es global, wird sehr skeptisch von vielen beurteilt."

Wenn es beim Gipfel der G20-Staaten im Juni unmöglich sei, müsse eine solche Steuer EU-weit geprüft werden. "Dann wird es in Europa eine ganz zentrale Frage sein: Geht eine solche Steuer nur unter Einschluss des größten Finanzplatzes London?" Notfalls müsse es im Euro-Raum versucht werden. "Ob wir dafür eine Mehrheit im Euro-Bereich bekommen, kann ich Ihnen heute nicht versprechen."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Bundestag zum "Abnick-Parlament" degradiert

FDP-Chef Guido Westerwelle sprach von einer historischen Entscheidung. Der Außenminister warf der Opposition vorgeschobene Argumente für ihre Enthaltung vor, um innenpolitisch mit der Regierung abrechnen zu können. "Es geht aber darum, ob Europa stehen oder fallen soll." Der Wohlstand der Deutschen hänge an der europäischen Stabilität.

SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann kritisierte, der Bundestag sei kein "Abnick-Parlament". Ähnlich äußerte sich Dagmar Enkelmann (Linke). Aus Sicht von Fritz Kuhn (Grüne) geht die Regierung so schäbig mit dem Parlament um, wie er es noch nie erlebt habe. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warf Merkel vor, sie werde von Märkten getrieben. "Sie müssen doch merken, dass sie jetzt am Nasenring durch die Manege geführt werden."

Zweckgesellschaft soll Hilfe koordinieren

Im Rahmen des europäischen Rettungspakets können als erste Notfall-Hilfen 60 Milliarden Euro der EU-Kommission sofort fließen. Reicht das Geld nicht, leisten die Euro-Staaten Kreditgarantien von bis zu 440 Milliarden Euro. Dazu wird eine Zweckgesellschaft gegründet, die Kapital aufnehmen und Kredite an bedrohte Länder weiterreichen soll. Dritter Teil des Rettungsschirms sind Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) von bis zu 250 Milliarden Euro.

DPA
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